Ein vorzeitiger Austritt aus einem Dienstverhältnis ist nur möglich, wenn der Chef der Firma eine Beleidigung ausspricht.

Foto: Marijan Murat

Wien – In einem Familienbetrieb ist der Vater Alleingesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer, die Mutter leitet die Verwaltungsabteilung, und der seit 17 Jahren in der Firma beschäftigte Sohn ist gewerberechtlicher Geschäftsführer sowie für Marketing, Werbung und Internetauftritte zuständig – nicht aber für Personalagenden.

Ein Mitarbeiter in der Verwaltung teilt dem Sohn mit, dass er eine andere Stelle in Aussicht hat und deshalb kündigen will. Dieser beschimpft ihn als "charakterlose Sau". Der Angestellte erklärt daraufhin den vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis – das Gegenstück zur fristlosen Entlassung, bei der ein Arbeitnehmer alle seine Ansprüche behält.

Seine Klage auf Kündigungsentschädigung weist das Unternehmen zurück: Ehrenbeleidigungen des Dienstgebers seien zwar ein wichtiger Grund, der Dienstnehmer zum Austritt berechtigt. Doch der Sohn sei nicht Dienstgeber.

Klage abgewiesen

Das Erstgericht folgte dem Standpunkt der Beklagten und wies die Klage ab. Das Berufungsgericht drehte das Urteil um: Als gewerberechtlicher Geschäftsführer sei der Sohn Repräsentant der GmbH und ihr deshalb sein Verhalten zurechenbar.

Der Oberste Gerichtshof stellte in der Revision das Ersturteil wieder her (OGH 30. 8. 2018, 9 ObA 45/18k). Dienstgeber ist der Geschäftsinhaber, bei juristischen Personen das vertretungsbefugte Organ. Ihm gleichgestellt sind Personen, die kraft ihrer Befugnisse und ihrer Stellung gegenüber anderen Dienstnehmern als echte Stellvertreter anzusehen sind, also auch Arbeitgeberfunktionen ausüben können. Das traf auf den Sohn des Geschäftsführers nicht zu. Ob er sich gegenüber dem Kläger als Juniorchef präsentiert hatte, war nicht feststellbar.

Ein gewerberechtlicher Geschäftsführer ist zwar für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Daraus lässt sich aber noch keine Personalverantwortung ableiten. Da die Äußerung des Sohnes nicht der GmbH zurechenbar war, lag keine Ehrenbeleidigung "des Dienstgebers" vor, die den vorzeitigen Austritt des Klägers gerechtfertigt hätte. (red, 16.10.2018)