Wien/Ephesos – Seit Ende Juli diesen Jahres sind österreichische Archäologen wieder mit Grabungen in Ephesos beschäftigt. Diese Tätigkeit geht bis ins Jahr 1859 zurück – angesichts dessen nimmt sich die zweijährige Zwangspause, bedingt durch die diplomatische Eiszeit zwischen der Türkei und Österreich, im Nachhinein fast wie ein unbedeutendes Zwischenspiel aus.

Im September 2016 hatte man die Arbeit abrupt einstellen müssen: Der Stopp wurde auf Anordnung des türkischen Außenministeriums in Reaktion auf die Forderung Österreichs verhängt, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen. Nachdem man sich Anfang 2018 auf Ministerebene auf einen Neustart verständigt hatte, begann ein Team um Sabine Ladstätter, Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), mit den Vorbereitungen mit den Vorbereitungen für eine neue Grabungskampagne. Fürs erste ist also wieder Normalität eingekehrt.

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Grabungsleiterin Ladstätter zeigte sich über den Neustart zufrieden. Die Ruinenstätte selbst habe man in einem "hervorragenden Zustand" angetroffen, was der Arbeit der türkischen Kollegen vor Ort zu verdanken sei. In den Depots habe sich leider ein anderes Bild gefunden, da etwa metallische Fundstücke stark korrodiert waren, sagte Ladtstätter.

Im Anschluss an die hastig unterbrochenen Arbeiten aus dem Jahr 2016 "konnten wir endlich unsere Ausgrabungen im byzantinischen Stadtquartier abschließen", so die Grabungsleiterin. Bereits bekannt war den Wissenschaftern, dass sich darunter die Reste einer großen Halle aus der römischen Kaiserzeit befinden müssen.

Halle durch Brand zerstört

Als man an einer Stelle tiefer grub, wurde man rund eineinhalb Meter unter den spätantiken Böden auch fündig: "Wir hatten großes Glück. Wir haben den Dachstuhl, zwar verbrannt, aber komplett intakt in Sturzlage gefunden", sagte Ladtstätter. Auch Dachziegel konnten geborgen werden. Für Ladstätter "ein wunderbarer Befund".

Aus Keramikfunden lasse sich schließen, dass die Halle offenbar im dritten Jahrhundert zerstört wurde. Bei dem "gewaltigen Brand" muss enorme Hitze entstanden sein, selbst die Säulen zersprangen. Zum ersten Mal im Laufe der traditionsreichen Grabungen haben man mit dem Dachstuhl Holz in größerem Umfang gefunden. Die Archäologen wollen in der Folge nicht nur die Holzarten, sondern auch das Alter mit der Methode der Dendrochronologie genau bestimmen.

Umland in den Fokus genommen

Darüber hinaus habe man begonnen, den Fokus auch auf das Umland von Ephesos zu erweitern und dem historischen Marmorabbau in der Region nachzugehen. Die alten Steinbrüche werden mit 3D-Laserscannern vermessen, um ihre ursprüngliche Ausdehnung und die Abbauvolumina abzuschätzen. Um die Steinbrüche zu finden, sei man vielfach auf Tipps aus der Bevölkerung angewiesen – diese detektivische Herangehensweise ist für Ladstätter eine "sehr schöne Art des Forschens".

Da Weißmarmor aus Ephesos in vielen archäologischen Stätten Europas und in der Levante gefunden wurde, wolle man herausfinden, wie wichtig dieser Wirtschaftszweig damals war. Man gehe davon aus, dass der Abbau "wesentlich größer war als bisher angenommen".

Die Grabungen in der Stadt selbst werden noch bis Ende November fortgesetzt, danach möchte man die Depots aber für jene Dissertanten offen lassen, die durch den Grabungsstopp in ihren Arbeiten unterbrochen wurden. Der Antrag bei den türkischen Behörden für 2019 sei bereits in Vorbereitung, sie sei "extrem optimistisch", dass man die Arbeit auch im nächsten Jahr fortsetzen wird können. (APA, red, 15. 10. 2018)