Blauer Phosphor auf einem Goldsubstrat.
Illustration: HZB

Berlin – Das Element Phosphor tritt in verschiedenen Modifikationen auf, die eine jeweils unterschiedliche Kristallstruktur haben – und diese führt zu beträchtlichen Unterschieden in den physikalischen Eigenschaften und nicht zuletzt in der Reaktionsfreudigkeit von Phosphor. Weißer Phosphor etwa ist giftig und brandgefährlich, Schwarzer Phosphor hingegen besonders stabil.

Blauer Phosphor

Zu den klassischen Modifikationen Weiß, Rot, Violett und Schwarz gesellte sich erst in diesem Jahrtausend zumindest eine weitere, wie das Berliner Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie berichtet: Bis vor kurzem war die "Blauer Phosphor" genannte Modifikation reine Theorie. 2014 hat ein Team der Michigan State University, USA, durch Modellierungen herausgefunden, dass auch Blauer Phosphor stabil sein sollte.

In dieser Modifikation vernetzen sich die Phosphor-Atome ähnlich wie beim Graphen zu einer Art zweidimensionalen Bienenwabenstruktur – die allerdings nicht perfekt flach ist, sondern regelmäßige "Buckel" hat. Modellrechnungen zeigen, dass diese Phosphor-Modifikation kein Halbleiter mit einer schmalen Energielücke ist, sondern eine verhältnismäßig große Bandlücke von 2 Elektronenvolt aufweisen sollte. Das wäre etwa der siebenfache Wert des Schwarzen Phosphors im Volumen – und macht diese Modifikation hochinteressant für optoelektronische Anwendungen.

Verzerrtes Gitter

2016 gelang es, Blauen Phosphor durch Aufdampfen auf einer Goldoberfläche abzuscheiden. Doch erst jetzt gibt es die Gewissheit, dass es sich dabei tatsächlich um Blauen Phosphor handelt. Dafür hat ein Helmholtz-Team um Evangelos Golias an BESSY II – einem Forschungszentrum, das Synchrotronstrahlung einsetzt – erstmals die elektronische Bandstruktur solcher Proben vermessen.

Dabei zeigte sich, dass sich die Phosphoratome nicht ganz unabhängig vom Gold-Substrat anordnen, sondern versuchen, sich an die Abstände zwischen den Gold-Atomen anzupassen. Dies verzerrt das gewellte Wabengitter, was sich wiederum auf die Energieverteilung der Elektronen auswirkt.

"Bisher hat man vor allem Schwarzem Phosphor benutzt, um davon einzelne Atomlagen abzutragen", sagt Oliver Rader von der Abteilung "Materialien für grüne Spintronik" des Helmholtz-Zentrums. "Diese einzelnen Atomlagen weisen ebenfalls eine große Bandlücke auf, besitzen aber nicht die Bienenwabenstruktur des Blauen Phosphors und können vor allem nicht direkt auf einem Substrat hergestellt werden. Unsere Ergebnisse offenbaren nicht nur die Materialeigenschaften dieser neuartigen zweidimensionalen Modifikation des Phosphors, sondern zeigen auch, wie das Substrat das Verhalten der Elektronen im Blauen Phosphor beeinflusst. Und das ist ein wichtiger Faktor für jegliche optoelektronische Anwendung." (red, 15. 10. 2018)