Ein Meuchelpaar, das selbst ins Schleudern gerät: Lady Macbeth (Andressa Miyazato) und ihr Gatte (Pavel Povraznik) in Johann Kresniks choreografischer Performance.

Foto: Dieter Wuschanski

Linz – Gegen Ende der Tragödie stecken die Beine des Macbeth in riesigen Gummistiefeln, sodass er sich nur noch hüpfend fortbewegen kann. Der unselige König tut seine letzten Sprünge mit spitzer Narrenkappe auf dem Kopf. Zusammen mit dem Maler Gottfried Helnwein hat der österreichische Choreograf Johann Kresnik (79) für seine Interpretation des Shakespeare-Dramas reichlich wuchtige Bilder gefunden.

Uraufgeführt wurde das Tanzstück vor dreißig Jahren in Heidelberg. Jetzt zeigt das Linzer Musiktheater eine Rekonstruktion, Premiere war am Wochenende. Die Musik für zwei Pianisten (Bela Fischer jr., Stefanos Vasileiadis) stammt von Kurt Schwertsik. Der schwarze Flügel steht inmitten eines blutgefüllten Beckens, das den Orchestergraben einnimmt.

Kresnik sperrt die Handlung in einen kahlen, mit Badewannen vollgestellten Saal ein. An der Rückwand ragt ein Tor mit metallenen Flügeln auf, das beim Öffnen donnert. Durch diesen Hall tritt gleich zu Beginn der Tod. In schwarzer Soutane, mit breitkrempigem Pfarrerhut, runden dunklen Killerbrillen und geschwärztem Gesicht leert er blutrotes Zeug aus einem Zinnkübel ins Blutbecken. Eine stets ungerührte Schattengestalt, die durchwegs nichts als Ordnung macht.

Witz der Assoziation

Dieser Tod ist weder Wesen noch Warnung, sondern die Verkörperung einer Übermacht, die sich nie dazu herablässt, das Geschehen zu kommentieren. In diesem sind, anders als bei Shakespeares Original, alle Figuren von vornherein Karikaturen – vom gülden ausstaffierten Duncan über den perfiden Macbeth und dessen sündigrote Lady bis zu den giftigen Hexen oder der hingemetzelten Familie des Macduff.

Kresniks Stärke besteht im Assoziationswitz, der das Publikum zum Weiterspinnen verführt. Wenn Lady Macbeth etwa von ihren eigenen Krokodilhandschuhen in den Hals gebissen wird, erinnert das an Peter Sellers' Würgehand in Stanley Kubricks Film Dr. Stangelove. Oder: Macduffs Familie stirbt in einem Zimmer mit übergroßen Möbeln, das aus Alice in Wonderland geborgt zu sein scheint – ganz nach dem Geschmack von Gottfried Helnwein.

Zahlreiche solcher Momente finden sich in der Grobheit der Kresnik'schen Bilder. Diese weisen übrigens eine erstaunliche Verwandtschaft mit der plakativ trashigen Ästhetik der erfolgreichen Wienerin Florentina Holzinger auf. Die Wiederkehr einer eher knalligen Choreografie liegt deutlich im Trend der Gegenwart. So ist die Rekonstruktion von Kresniks Macbeth eine zeitgemäße Entscheidung. Deren Umsetzung bewältigt das Ballett des Linzer Landestheaters mit leidenschaftlicher Bravour. (Helmut Ploebst, 15.10.2018)