Stephen Hawking: "Kurze Antworten auf große Fragen". € 20,60 / 256 Seiten. Klett-Cotta, Stuttgart 2018

Gibt es einen Gott? Gibt es außer uns intelligentes Leben im Universum? Werden wir auf der Erde überleben? Es gibt wenige Wissenschafter, die bereit sind, sich zu derlei großen Fragen zu äußern. Zu unwissenschaftlich erscheinen die Bedingungen, um sie zu ergründen, zu uferlos die Antworten.

Der britische Physiker Stephen Hawking war in dieser Hinsicht eine Ausnahme: Bereits in seiner Dissertation hat er sich mit der Entstehung des Universums beschäftigt. Bis zu seinem Tod im März dieses Jahres hat Hawking bereitwillig seine Sicht der Dinge zu Gott, dem Universum und unserer Welt dargelegt. Seine Überlegungen hat Hawking in einem Privatarchiv gesammelt. Diese Dokumente sind die Grundlage für sein nun posthum erschienenes Buch "Kurze Antworten auf große Fragen".

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Stephen Hawking war einer der wenigen Wissenschafter, die keine Angst vor den ganz großen Fragen haben.
Foto: Reuters/ Lucas Jackson

Kaum Platz für Gott

Beginnen wir bei der Frage, ob es einen Schöpfergott gibt. Hawking habe zwar "nicht die Absicht, irgendjemandem zu sagen, was er glauben soll". Ob es einen Gott gibt, sei aber eine berechtigte Frage für die Wissenschaft. Denn schließlich gibt es keine grundlegendere Frage als jene, wie unser Universum entstanden ist und welchen Prinzipien es gehorcht.

Hawkings Antwort darauf lautet: Das Universum ist spontan aus dem Nichts entstanden, und zwar ganz in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen. Der Spielraum, den Hawking dabei für Gott lässt, ist überschaubar: "Diese Gesetze mögen von Gott erlassen worden sein oder nicht, aber er kann nicht eingreifen, um die Gesetze zu brechen."

Genetisch optimierte "Übermenschen"

Der Mensch hat sein Geschick also im Rahmen der Naturgesetze selbst in der Hand, und daraus ergeben sich viele Herausforderungen. Beispielsweise neue Methoden der Gentechnik, die einen gezielten Eingriff in die DNA ermöglichen. "Einige Forscher werden der Versuchung nicht widerstehen können, die menschlichen Fähigkeiten zu verbessern. Sobald diese ersten ‚Übermenschen‘ auftauchen, wird es erhebliche politische Probleme geben", warnt Hawking vor der genetischen Optimierung des Menschen.

Einen weiteren Appell richtet Hawking in Sachen menschgemachter Klimaerwärmung an die Nachwelt: Der Anstieg des CO2-Gehalts in der Atmosphäre könne dazu führen, "dass wir ein Klima wie auf der Venus bekommen. Menschliches Leben wäre nicht mehr möglich." Hawkings Empfehlung: "Wir müssen mehr tun, als das Kyoto-Protokoll vorgibt."

Dieses Video vom letzten öffentlichen Vortrag von Stephen Hawking wurde im März 2018 veröffentlicht.
Ganesh Matkar

"Handelt jetzt!"

Eingefleischte Hawking-Kenner dürfen sich von seinem letzten Buch keine großen Neuigkeiten erwarten. Immerhin bietet das Werk aber ein stimmiges Best-of eines genialen Denkers und seinen letzten Appell, aktuellen Herausforderungen zu begegnen: "Ich möchte mich all denen anschließen, die unmittelbares Handeln einfordern. Ich weiß nur zu gut, wie kostbar die Zeit ist. Nutzt den Augenblick! Handelt jetzt!"

Begleitet werden die eindringlichen Warnungen von Scherzen über den Brexit, popkulturellen Anspielungen auf Star Trek und Interstellar sowie einer schmackhaften Portion Astrophysik – im Gegensatz zu Hawkings erstem und bislang erfolgreichstem populärem Buch "Eine kurze Geschichte der Zeit" sind die wissenschaftlichen Ausführungen nun durchwegs allgemein verständlich. Schließlich gibt es zwischen den Zeilen noch eine weitere Botschaft, die Stephen Hawking der Nachwelt mitgeben will: "Bedauerlicherweise glauben die meisten Menschen, echte Wissenschaft sei zu schwierig und zu kompliziert für sie. Das sehe ich ganz anders." (Tanja Traxler, 16.10.2018)