Die Alpenakelei ist eine der vier in Österreich heimischen Akeleiarten.

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Wien – Sie hat auffallend schöne Blüten und ist in der nördlichen Hemisphäre in nicht weniger als siebzig verschiedenen Arten vertreten, vier davon findet man in Österreich. Diese große Vielfalt der Akelei ist das Ergebnis eines Prozesses, der von Fachleuten als adaptive Radiation bezeichnet wird: Diese lässt aufgrund der Anpassung an neue Standorte neue Arten sehr schnell entstehen.

Bei der Akelei sind durch diesen Prozess Arten mit sehr unterschiedlichen Blütenfarben und -formen entstanden, die untereinander problemlos gekreuzt werden können. In Gärtnereien und Privatgärten konnte dadurch eine riesige Vielzahl von sehr unterschiedlichen prachtvollen Blütenvariationen gezüchtet werden.

Wie funktioniert adaptive Radiation?

Um die Evolutionsgeschichte der Akelei zu verstehen und um herauszufinden, wie die adaptive Radiation funktioniert, hat eine multinationale Forschungsgruppe unter der Führung von Daniele Filiault aus dem Labor von Magnus Nordborg des Gregor Mendel Instituts (GMI) für Molekulare Pflanzenbiologie der ÖAW in Wien die Genome von elf verschiedenen Akeleien sequenziert.

Wie die Forscher im Fachblatt eLife berichten, ist die genetische Verwandtschaft bei den elf Pflanzen trotz großer geografischer Entfernung sehr hoch.

Komplizierter Prozess der Artentstehung

"Das bestärkt unser modernes Verständnis, dass die Entstehung einer neuen Art im Normalfall nicht durch ein simples Einzelereignis verursacht wird, welches zwei Populationen einer Art unterschiedlich entwickeln lässt, bis sich diese nicht mehr untereinander fortpflanzen können und dadurch zwei Arten bilden", erklärt Magnus Nordborg, Gruppenleiter und wissenschaftlicher Direktor des GMI. Stattdessen sei die Artentstehung ein langer, komplizierter Vorgang, bei dem sich verschiedene Populationen über eine lange Zeit untereinander kreuzen und damit genetische Informationen austauschen können.

Die verschiedenen untersuchten Arten
Foto: GMI

Ein Chromosom tanzt aus der Reihe

Erstaunlicherweise fanden die Forscher heraus, dass sich eines der sieben Akelei-Chromosomen völlig anders entwickelt hat als der Rest. Dieses Chromosom hat weniger Gene als die übrigen Chromosomen, dafür weist es fast doppelt so viele Sequenzvarianten auf als die anderen. "Das ist das erste Mal, abgesehen von Geschlechts-Chromosomen, dass festgestellt wurde, dass sich ein einzelnes Chromosom gänzlich anders entwickelt als das restliche Genom", so Daniele Filiault. "Die Gründe dafür sind uns bis jetzt unklar, deshalb möchte ich weiterhin dieses spezielle Chromosom erforschen. Diese Erkenntnis könnte uns dabei helfen, zwischen verschiedenen Forschungsansätzen eine Brücke zu bauen."

Auf der einen Seite würden Populationsgenetiker die Evolution an Hand von DNA-Veränderungen im Laufe der Zeit erforschen, auf der anderen konzentrieren sich die Genom-Biologen auf die Entwicklung von Chromosomen, so Filiault: "Die Ergebnisse unserer Forschung legen nahe, dass wir die Vorstellungen beider Felder miteinander kombinieren könnten, um unser Wissen über die gesamte Entwicklung von Genomen zu erhöhen." (red, 16.10.2018)