Biedermeiern in allen Spielarten ist eine zutiefst österreichische Attitüde, auf die man besonders gern in Zeiten zurückgreift, in denen einem leicht das Grausen kommt, wenn man sich zu intensiv mit dem Öffentlichen befasst. Also jetzt gerade. Von den Finnen können wir allerdings noch etwas lernen. Im Dezember kommt die deutsche Übersetzung eines Buches heraus, das "Kalsarikänni" heißt, mit dem erklärenden – wenngleich leider misslungenen – Untertitel "Vom großen Spaß, sich alleine zuhause in Unterwäsche zu betrinken".

"Spaß", eines dieser grassierenden Blödwörter. Der Unter titel der englischen Ausgabe "The Finnish Art" – Kunst! – "of Drinking at Home. Alone. In Your Underwear" hat ungleich mehr Stil. Und die Übersetzung von "Kalsarikänni" heißt "Pantsdrunk".

Dieses Juwel finnischen Lifestyles hat sich ja sogar schon in Emojis – junge Dame, pink-weiß getupfte Wäsche, Rotwein; junger Mann, graue Untergatte, Bier – niedergeschlagen. Der Autor Miska Rantanen liefert nur die Literatur dazu.

Eine Umsetzungsanleitung ist aber wohl nicht wirklich nötig. Wobei, da wir alle 110-jährig gesund sterben wollen, der Hinweis nicht fehlen darf, dass es nicht unbedingt Alkohol sein muss. Im Winter ist aus reichende Heizung empfohlen. Verboten ist sexy, unbequem oder schick. Und an Betätigungen empfiehlt sich nicht nur die Glotze, sondern auch Lesen. Zeitung, uns, am Freitag, Jubiläumsausgabe 30 Jahre STANDARD. (Gudrun Harrer, 16.10.2018)