Budapest – Die ungarische Regierung hat mit den Stimmen der Regierungsparteien eine Gesetzesnovelle durchgebracht, mit der die staatliche Bausparförderung abschafft wird. Das berichtete das Staatsfernsehen am Dienstag in einer Livesendung. Für die Bausparkassen, die nach Angaben der Notenbank Ende 2017 ein Bausparvolumen von knapp 800 Mrd. Forint (2,47 Mrd. Euro) verwalteten, ist das ein schwerer Schlag.

Das Bausparen war im Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre in Ungarn eine immer populärere Anlageform geworden, durch die eine Rendite von mehr als 10 Prozent erzielt werden konnte. Der Staat schoss eine Bausparprämie in Höhe von 30 Prozent zu, gedeckelt mit einer Maximalsumme von 72.000 Forint (225 Euro) pro Jahr.

Attraktiv für Kleinanleger

Wie attraktiv diese Investition für die Kleinanleger war, zeigten heute (Dienstag) auch die langen Warteschlangen vor den Bausparkassen-Filialen nach Bekanntgabe der Gesetzesnovelle. Die Kunden warteten bis zu vier Stunden, um noch am letzten Tag vor der Abschaffung der Prämie einen Bausparvertrag abzuschließen.

Nach den Daten der ungarischen Nationalbank, die vom Finanzportal portfolio.hu veröffentlicht wurden, stieg das Bausparvolumen von 488 Mrd. Forint im Jahr 2012 auf 798 Mrd. Forint bis Ende 2017. Der Wert der Bauspardarlehen erhöhte sich im selben Zeitraum von 111 auf 356 Mrd. Forint.

Die Bausparkassen – darunter auch die Bausparkasse der österreichischen Erste Group – wollten den Gesetzesbeschluss nicht kommentieren. Man wolle noch die Details und die Gegenzeichnung durch den ungarischen Staatspräsidenten abwarten, hieß aus der Bank.

"Extraprofit lukriert"

Die Regierung Orban hat den Schritt unter anderem damit begründet, dass die Bausparkassen durch die Auszahlung der staatlichen Subvention "einen Extraprofit" lukrierten. Der Marktführer Fundamenta (eine Tochter der deutschen Bausparkasse Schwäbisch Hall) konnte im vergangenen Jahr tatsächlich einen Gewinn nach Steuern von 6,2 Mrd. Forint erzielen, der laut dem Finanzportal portfolio.hu einem Ertrag (ROI) von 19 Prozent entspricht. Die Erste Bausparkasse wies aber zum Beispiel einen Verlust von 2 Mrd. Forint aus. Ein weiteres Argument für die Abschaffung war, dass das Bausparen viel zu wenig für den Bau neuer Wohnungen verwendet worden sei.

In der Parlamentsdebatte kritisierte die Opposition, dass die Abschaffung der Bausparprämie vor allem zulasten der Kleinverdiener erfolge, die angesichts der stark steigenden Immobilienpreise nie in der Lage sein würden, Wohnungseigentum zu erwerben. Die Opposition mutmaßt überdies, dass ein neues Wohnbauförderungssystem eingeführt werden könnte, von dem vor allem der Regierung nahestehende Personen profitieren könnten.

Makler verlieren Jobs

Durch die Abschaffung der Förderung verlieren auch viele Bausparvertragsmakler ihre Jobs. "Wir wissen nicht, womit wir nächste Woche unser Geld verdienen sollen", sagte ein Vertriebsmitarbeiter von Fudamenta zur APA. Die Vertriebsmitarbeiter sind bei den Bausparkassen nicht angestellt, sondern erhalten Kommissionen für die abgeschlossenen Verträge. Alleine für Fundamenta arbeiteten mehr als 2.000 Vermittler, die nun praktisch auf die Straße gesetzt wurden. (APA, 16.10.2018)