Der Job als CSU-Chef macht Horst Seehofer nach eigenen Angaben immer noch "Spaß". Von sich aus will er nicht gehen. Er ist aber bereit, nach der Koalitionsbildung in Bayern einen Parteitag einzuberufen.

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Horst Seehofer sitzt gut im Sessel, und er hat die Ruhe weg. Mehr als fünf Viertelstunden nimmt sich der CSU-Chef Dienstagmittag in Berlin für Journalisten Zeit. "Auswirkungen der Landtagswahlen in Bayern auf die Bundespolitik" heißt die Veranstaltung offiziell. Aber es interessiert auch in Berlin nur eines: Bleibt er nach den Verlusten für die CSU deren Chef?

"Ich führe jetzt keine Personaldiskussionen", lautet die Antwort wieder. Er hat sie seit Sonntagabend schon sehr, sehr oft gegeben. Ob er an der Macht klebe, wird er gefragt. Seine Antwort, halb belustigt, halb entrüstet: "Was soll ich noch für Machtfragen verfolgen? Ich werde jetzt 70. Ich bin froh, wenn ich mich daheim durchsetzen kann." Und überhaupt: "Es macht Spaß."

Einige Hundert Kilometer weiter südlich jedoch verbinden viele die Worte Spaß und Seehofer nach dem Absacken der CSU von 47,7 auf 37,2 Prozent nicht mehr miteinander. Der Ruf nach seinem Abgang wird lauter. "Am besten wäre es, wenn Seehofer es selbst einsieht", sagt die Vizechefin des CSU-Kreisverbandes Bayreuth, Ingrid Heinritzi-Martin.

"Personelle Erneuerung"

Der CSU-Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner, der auch Vorsitzender des Kreisverbandes Kronach ist, heißt zwar den Plan der CSU-Spitze, zunächst schnell eine Regierung zu bilden, gut. Danach aber "wollen wir einen Parteitag mit dem Ziel der personellen Erneuerung und mit dem Ziel, Horst Seehofer abzulösen".

Als "Anti-Seehofer-Wahl" wertet der CSU-Vizekreischef aus Hof, Jochen Uls, die Wahl vom Sonntag. Über Seehofer sagt er: "Meiner Meinung nach muss er zurücktreten." Und der mächtige Bezirksverband Oberbayern fordert einen Sonderparteitag zur Aufarbeitung der Wahlpleite.

Einen solchen wollte Seehofer bisher verhindern. Denn nur die Delegierten eines Parteitages, die ihn vor einem Jahr gewählt haben, könnten ihm das Vertrauen auch wieder entziehen.

Am Dienstag jedoch schwenkt er ein und erklärt, er sei nach der Regierungsbildung "durchaus" bereit, auch über personelle Konsequenzen zu reden. Das könne auch auf einem Parteitag passieren, "weil da die Basis am besten versammelt ist". Allerdings, schränkt er ein, sei es schwierig, auf die Schnelle in Bayern entsprechende Räumlichkeiten für so viele Menschen zu bekommen.

Über "Stil und Ton" diskutieren

Zunächst will Seehofer mit den Chefs der zehn CSU-Bezirksverbänden beraten, diese wüssten schließlich am besten, wie die Stimmung an der Basis sei. Im Rückblick auf sein eigenes Verhalten in den vergangenen Monaten räumt Seehofer nur einen Fehler ein: Bei der Debatte um eine Zurückweisung von Flüchtlingen direkt an der deutsch-österreichischen Grenze könne man über "Stil und Ton" diskutieren. Seehofer hatte damals mit Rücktritt gedroht, dann davon aber wieder Abstand genommen.

Schneller als Personalfragen sollen in Bayern Sachfragen geklärt werden. Heute, Mittwoch, will die CSU mit den Grünen und den Freien Wählern sondieren. Einen gewissen Zeitdruck gibt die bayerische Verfassung vor. Im Normalfall muss eine neue Regierung binnen vier Wochen nach der Wahl stehen, sonst wird neu gewählt. Eine Hängepartie wie nach der Bundestagswahl 2017, als die Regierungsbildung sechs Monate dauerte, ist nicht möglich. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.10.2018)