Das Volk lässt sich seine gute Laune noch nicht verderben. Könnte sein, dass das eintritt, falls die Budgetpläne wie Seifenblasen platzen.

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"Wenn wir alles akzeptieren würden, was uns die italienische Regierung vorschlägt, dann gäbe es harsche Reaktionen aus anderen Ländern der Eurozone: Sie würden uns mit Beschimpfungen eindecken und uns vorwerfen, wir seien zu nachgiebig mit Italien", erklärte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Regierung von Giuseppe Conte hatte am Montagabend, nur zwei Stunden vor Ablauf der Frist, ihren Budgetentwurf für das Jahr 2019 an die EU-Kommission geschickt. Er sieht zusätzliche Ausgaben in der Höhe von 37 Milliarden Euro vor, die zu mehr als zwei Dritteln mit neuen Schulden finanziert werden sollen. Das Defizit steigt damit auf 2,4 Prozent des BIP.

Teure Versprechen

Die beiden populistischen Regierungspartner in Rom – die Protestbewegung Cinque Stelle und die rechtsradikale Lega – wollen mit dem Haushalt ihre teuren Wahlkampfversprechen einlösen: Das Rentenalter, derzeit etwas über 67 Jahre, soll auf 62 Jahre sinken; damit können im kommenden Jahr 400.000 bis 500.000 Arbeitnehmer vorzeitig in Pension gehen. Gleichzeitig soll das von Cinque Stelle versprochene Bürgereinkommen von 780 Euro eingeführt werden; davon werden im nächsten Jahr rund sechs Millionen Personen profitieren. Angesichts der gewaltigen Kosten dieser Maßnahmen hat die Regierung die ebenfalls versprochene massive Steuersenkung auf einen Einheitssatz von 15 Prozent fast vollständig auf Eis gelegt.

"Die Befürchtung, dass wir mit diesem Haushalt Europa in die Luft jagen wollen, ist völlig unbegründet", beteuerte der parteilose Finanzminister Giovanni Tria am Montagabend bei der Vorstellung des Haushalts. Tria hatte wochenlang versucht, Cinque Stelle und die Lega zur Raison zu bringen und das Haushaltdefizit wenigstens unter zwei Prozent zu halten. Die Vorgängerregierung von Paolo Gentiloni hatte mit der EU-Kommission für das kommende Jahr ein Defizit von 0,8 Prozent vereinbart, was nun um das Dreifache übertroffen wird.

Tria konnte sich gegen die beiden Vizepremiers Luigi Di Maio von der Protestbewegung und Matteo Salvini von der Lega nicht durchsetzen. Er dementierte aber erneut Gerüchte über seinen bevorstehenden Rücktritt. Trias Beschwichtigungen wirken insofern etwas wackelig, als die Defizitprognose von 2,4 Prozent eher optimistisch anmutet. Die Erhöhung des Defizits reicht im Moment nur aus, um 22 der geplanten 37 Milliarden an Mehrausgaben zu finanzieren; die restlichen 15 Milliarden müssten durch Sparmaßnahmen oder Mehreinnahmen sichergestellt werden.

Haushaltsentwurf bleibt vage

Genau in diesem Punkt ist der Haushaltentwurf freilich vage. Die Betreuung von Migranten soll 2019 eine halbe Milliarde weniger kosten, erklärte Salvini; der Betrag werde in den nächsten zwei Jahren auf 1,5 Milliarden Euro steigen. Di Maio wiederum erhofft sich von einer Kürzung der sogenannten "goldenen" Renten (Renten über 4500 Euro monatlich) eine weitere halbe Milliarde. Zwei bis drei Milliarden sollen außerdem dank einer neuen Steueramnestie in die Staatskasse fließen. Und der Rest?

Hinzu kommt: Die bereits optimistisch anmutende Defizitprognose beruht auf noch optimistischeren Erwartungen bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung. Die italienische Regierung gibt sich überzeugt, dass der über den Bürgern niedergehende staatliche Geldregen die Wirtschaft ankurbeln werde, und rechnet deshalb mit einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent im kommenden Jahr. Der Internationale Währungsfonds und andere namhafte Institutionen prognostizieren dagegen 1,0 Prozent.

Ein weiteres Problem: Wegen der angekündigten Schuldenmacherei sind die Zinsen für italienische Staatsanleihen bereits deutlich gestiegen und könnten dies weiterhin tun. Das Defizit könnte sich also zusätzlich noch vergrößern. (Dominik Straub aus Rom, 17.10.2018)