Sein Markenzeichen waren Pin-ups, die in inniger Beziehung zur Warenwelt stehen: Mel Ramos.

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Pin-ups, die lasziv auf überlebensgroßen Colaflaschen lehnen; Nackte, die sich aus Schokoriegelverpackungen schälen oder sich auf Schmelzkäseschachteln räkeln: Mit solchen Bildern wurde der Künstler Mel Ramos berühmt. Seit den 1960er-Jahren schuf der US-Amerikaner Gemälde, die den weiblichen Körper in inniger Nähe mit Objekten der Warenwelt inszenieren. Sie waren seine Variation auf die Pop-Art.

Geboren 1935 in Kalifornien, war der Künstler früh von Comic-Superheldinnen fasziniert. Als er Anfang der 1960er-Jahre mit New Yorker Künstlern um Andy Warhol ausstellte, verband er seine Passion mit deren Kult um Konsumobjekte. Es war ein zwiespältiges Markenzeichen, das er sich schuf.

Regelmäßig löste Ramos Debatten über Sexismus aus. Man warf ihm Affirmation all dessen vor, was am Kapitalismus verhasst ist. Ramos selbst tat wenig, um sich zum Sozialkritiker zu erklären. Er male bloß, was ihm gefällt, und: "Ich bin ein gesunder männlicher Amerikaner, Frauen sind für mich Objekte der Begierde. Das ist die Wahrheit", erklärte er noch 2010.

Das Supermodel im Hotdog

Und doch ermöglichen Ramos’ Werke – und ist das nicht ein Wesenszug nennenswerter Kunst? – auch die ganz andere Lesart. Verehrerinnen und Verehrer halten ihm zugute, dass er mit seinen so herz- wie meisterhaft überhöhten Darstellungen Parodien auf Idealbilder schaffe und gerade so Kritik an der Objektifizierung der Frau übe. Zumal er keine Püppchen in der Warenwelt aussetze, sondern starke Frauen male.

Eine, die das gewiss nicht so sah, war Claudia Schiffer. Das deutsche Model erkannte sich in den 1990er-Jahren in einem Pin-up wieder, das Ramos u. a. zur Einlage eines Hotdogs gemacht hatte, und klagte den Künstler. Streitpunkt war nicht nur, dass er sie – noch vor ihrem einschlägigen Auftritt im Playboy 1997 – nackt dargestellt hatte: Außerdem habe der Künstler ihre Brüste allzu hängend getroffen. Ramos entgegnete, dass er bei seinen fiktiven Pin-ups stets collagiere und es sich mithin gar nicht um Schiffer im eigentlichen Sinn handle.

Nun ist Mel Ramos 83-jährig an Herzversagen gestorben. (Roman Gerold, 16.10.2018)