Wien – Im September startete die Buchhandelskette Thalia eine neue länderübergreifende Kampagne, geworben wird mit dem Markenslogan "Welt, bleib wach" und Claims wie "Donald Trump liest nicht gern" oder "Die Welt hat mehr Geheimnisse, als Siri kennt". Ein Sujet dieser Kamapagne sorgt für Entrüstung bei Usern von derStandard.at und auch für eine Beschwerde beim Österreichischen Werberat.

"Zeichen des Nazifaschismus"

Auf dem Sujet mit dem Slogan "Es gibt mehr Gefühle als Emojis" ist ein Pärchen mit Buch zu sehen, der Mann ist auf der Brust tätowiert.

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"Nazifaschistisches Symbol"

In der Werbekampagne sei "ganz klar eine Tätowierung eines nazifaschistischen Symbols" zu erkennen, heißt es dazu in einer Beschwerde an den Werberat. "Das Liktoren- oder Rutenbündel (italienisch 'Fascio Littorio') galt zwar als Amtssymbol des alten Römischen Reichs, aber gilt mittlerweile in Europa als Wahrzeichen des Nazifaschismus. Dieses Zeichnen wurde nicht nur für die Kriegsflagge des italienischen Sozialrepublik (1943–1945) verwendet, sondern auch für die 29. Waffen-Grenadier-Division der SS", argumentiert der Beschwerdeführer.

Diese Beschwerde falle "nicht in die Zuständigkeit des Österreichischen Werberates", sagt dazu der Werberat. Wenn auch nur ein Verdacht geäußert werde, dass ein Sujet zum Beispiel unter das Verbotsgesetz fallen könnte, wird der Beschwerdeführer laut Werberat gebeten, dies auf dem Rechtsweg abzuklären.

"Insignien des italienischen Faschismus"

"Unzweifelhaft handelt es sich hier um Liktorenbündel und Beil, die Insignien des italienischen Faschismus", sagt Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes über die Tätowierung. "Freilich weist das Symbol in der Tat eine lange Geschichte auf, die bis in die römische Antike zurückverweist, und taucht bis heute nicht ausschließlich in rechtsextremen Zusammenhängen auf." Er verweist etwa auf das Logo des US-Senats.

"Fragwürdige historische Sensibilität"

"Weshalb der Herr auf diesem Bild es sich hat tätowieren lassen, kann vorderhand natürlich nur er beantworten. Es wäre aber daran zu erinnern, dass auch die Nazis die Swastika nicht erfunden haben. Dennoch wird nationalsozialistische Gesinnung die plausibelste Erklärung dafür sein, sich heute ein Hakenkreuz tätowieren zu lassen", so Weidinger.

Er hält faschistische Gesinnung für das plausibelste Motiv, sich ein Tattoo wie jenes in der Thalia-Werbung zuzulegen. So oder so zeuge es "von fragwürdiger historischer Sensibilität, aus einer unendlichen Auswahl an Stockphotos ausgerechnet dieses zu wählen".

Insignien des italienischen Faschismus: Liktorenbündel und Beil.
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Der STANDARD fragte am Mittwoch bei Thalia nach, die Buchhandelskette reagierte prompt: "Wir haben das genannte Motiv als frei zugängliches Imagebild bei der international anerkannten Bilddatenbank Stocksy erworben und sind daher davon ausgegangen, dass es sich dabei in allen Belangen um ein unbedenkliches Bildmaterial handelt", sagt Thomas Zehetner, Geschäftsführer von Thalia in Österreich.

Thalia kündigt Korrektur an

"Das auf dem Motiv abgebildete Symbol steht in keiner Verbindung zur Werbeaussage der Marke Thalia. Wir haben sofort eine Korrektur des Bildmaterials vorgenommen und das Motiv auf sämtlichen Kommunikationskanälen wo möglich entfernt", so Zehetner. Darüber hinaus sei die Bildagentur über das missverständliche Motiv informiert worden.

Die für die Werbekampagne verantwortliche deutsche Agentur Wynken, Blynken & Nod will das Sujet auf STANDARD-Anfrage nicht näher kommentieren. Jens Theil, Geschäftsführer der Agentur, verweist auf das Statement von Thalia-Geschäftsführer Zehetner. (ae, 17.10.2018)