Doris Knecht denkt an ihre Zeit beim STANDARD zurück, wo man schon vor 30 Jahren ihre Fingerfertigkeit schätzte.

Foto: Irina Gavrich

Vor 30 Jahren habe ich auch schon für den STANDARD trainiert: meine Finger. Ich hatte von der Gründung dieser neuen Zeitung gehört, auf rosa Papier, sie fingen gerade mit Nullnummern an. Ich hörte, dass sie Leute brauchten für alles Mögliche, und ich hatte mir Maschinschreiben beigebracht, Zehn-Finger-System. Ich rief in der Redaktion an, sie sagten, ich solle in der Redaktion vorbeikommen.

Sie hatten schon Computer, auf denen trainierte ich fortan stundenweise meine Finger: Ich gab Börsenkurse ein, das Kinoprogramm, die Texte von Korrespondentinnen und freien Autoren, die damals noch keine Computer hatten. Die Texte wurden gebracht, flossen aus dem Faxgerät oder wurden durchs Telefon diktiert. Ich zog durchs ganze Haus, wo immer man meine zehn Finger gerade brauchen konnte. Nebenbei fing ich an, für den Falter kleine Artikel zu schreiben, aber für den STANDARD tippte ich weiter, ungefähr bis er in die Herrengasse umzog.

Nebenwirkungen

30 Jahre später sitze ich immer noch am Computer, mit allen Nebenwirkungen: Rückenschmerzen, steifer Nacken, schmerzende Hände und Gelenke. Immerhin habe ich in der Zwischenzeit gelernt, auch meinen Händen und Fingern zwischendurch ein bisschen Fitness zu gönnen: Man stellt sich vor den Schreibtisch und legt beide Hände so etwa in Schulterbreite darauf, Finger gespreizt, Zeigefinger nach vorn. Dann legt man etwas Gewicht darauf, bewegt den Oberkörper in allen Richtungen über den Händen, vielleicht 30 Sekunden lang, bis man es spürt, nicht übertreiben. Dann dreht man die Hände ein bisschen, sodass die Daumen zueinander zeigen, 30 Sekunden dehnen, immer vorsichtig, nie zu viel Kraft. Dann dreht man die Hände so lange weiter zueinander, bis es nicht mehr geht oder die Zeigefinger Richtung Bauch zeigen.

Auch gut für Finger und Hände: Eine kleine Rolle oder einen genoppten Massageball auf den Schreibtisch legen, eine Handfläche draufdrücken, mit der anderen Hand ein bisschen Gewicht ausüben, Handfläche, Finger und Unterarme abrollen, 3 mal 30 Sekunden, das löst Verklebungen.

Ein 30-minütiger Spaziergang geht sich noch aus, ganz im Sinne des neues Conscious-Movements (nächstes Mal an dieser Stelle), mit einer kleinen Marschmelodie im Ohr: Happy birthday, lieber STANDARD, happy birthday to you!

(Doris Knecht, Rondo, 19.10.2018)

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