Es gibt Träume und Wirklichkeiten. Zum Beispiel die Lust auf das wilde Leben, auf durchfeierte Nächte und ein aufregendes Paradiesvogeldasein als Gegenpol zum vernünftig routinierten Alltag. "In der Früh schauen alle Menschen immer gleich aus, sogar Hollywoodstars. Make-up ist jeden Tag wieder ein Hilfsmittel, sich neu zu erfinden und sich ein bisschen besser zu fühlen", hat François Nars, Gründer der gleichnamigen Make-up-Marke, schon sehr oft gesagt.

Seit 30 Jahren geht es ihm darum, Frauen mit ein paar optischen Tricks mutig und selbstbewusst zu machen. Mit seiner eigenen Make-up-Linie. Sein Blush "Orgasm" zum Beispiel schafft es, mit dezent goldenem Schimmer Müdigkeit wegzuzaubern.

Seine farbstarken Lippenstifte halten so gut, dass man, hat man sie einmal probiert, nicht mehr darauf verzichten will. Seine Foundations sind Bestseller, sein Concealer auch. Seit wenigen Wochen gibt es die in schlichtem Schwarz verpackten Produkte nun auch in Österreich, man ist also nicht mehr auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen.

François Nars' kosmetische Sozialisation begann mit seiner Großmutter, die Make-up liebte, und seiner Mutter, die es natürlich mochte.
Foto: Nars Cosmetics, François Nars Archives

Die Anfänge

Traum und Wirklichkeit, das sind auch die beiden Pole, zwischen denen sich das Leben des François Nars abspielte. Geboren 1959, wuchs er in Tarbes nahe Biarritz auf. Seine zwei wichtigsten Menschen im Leben waren seine Mutter, eine natürlich-elegante Schönheit, die Make-up nicht mochte, und seine Großmutter, "ein Make-up-Junkie", wie es François Nars ausdrückt.

Am Wohnzimmertisch lagen jede Woche neue Modemagazine, in deren Fotostrecken sich der kleine François vertiefte und vieles aus der "Vogue" abmalte. Hier und da probierte er das, was er dort sah, an seiner Großmutter aus. Was ihn noch beeinflusste: Hollywoodfilme, sie waren "seine Schule", sagt er.

Ende der 90er-Jahre arbeitete François Nars bereits mit den großen Namen der Modewelt, etwa mit Kate Moss.
Foto: Nars Cosmetics, François Nars Archives

Dass der modevernarrte Sohn nach Paris musste, war seiner Familie schnell klar. Er lernte das Handwerk in der renommierten Kosmetikschule von Carita, kam mit Make-up-Künstlern in Kontakt und fasste rasch in der Modewelt Fuß. Yves Saint Laurent förderte den jungen Südfranzosen. Nars Arbeiten Anfang der 1980er-Jahre mit dem Fotografen Paolo Roversi in der französischen Modezeitschrift "Marie Claire" erregten Aufsehen. So ungewöhnlich, gewagt und gegen den Mainstream, wie Nars die Models schminkte, hatte es vorher noch kaum jemand getan.

Das gefiel Polly Mellen, der Fashion-Direktorin der US-amerikanischen "Vogue", die François Nars mit den wichtigsten Protagonisten der New Yorker Modeszene bekannt machte. Fotografen wie Peter Lindbergh, Steven Meisel, Richard Avedon oder Irving Penn schätzten Nars' Blick für Farbe, Form und das Unkonventionelle, das er auf dem Gesicht der Models zum Vorschein brachte. François Nars zog nach New York, seine Zwei-Zimmer-Wohnung in SoHo wurde ein Treffpunkt der Modeszene.

Sein kunstvoller Schminkstil ist noch immer weltweit gefragt.
Foto: Nars Cosmetics, François Nars Archives

Nars arbeitete hinter den Kulissen auf Modeschauen, schminkte Models für Fotostrecken, arbeitete für die Werbung. Er prägte die Looks in den 1990er-Jahren. Bekannt sind etwa der "Heroine Chic" mit Kate Moss oder seine Arbeiten mit Linda Evangelista, die er mit langen künstlichen Wimpern in Sophia Loren verwandelte.

Später durfte der Spross Linda Evangelista schminken.
Foto: Nars Cosmetics, François Nars Archives

Nars machte aus Models Supermodels, auch Stars aus Film und Musik rissen sich darum, von ihm gestylt zu werden. "Wir hatten damals aber einfach nur Spaß", beschreibt es Nars rückblickend. Das Sex-Buch für Madonna, das er zusammen mit Steven Meisel 1992 produzierte, ist auch für ihn selbst ein Höhepunkt seiner Karriere.

Am Olymp

Während er andere zu Stars und Ikonen machte, blieb der schüchterne Franzose jedoch stets im Hintergrund. "Ich hatte nie den Plan, berühmt zu werden", sagt er. Wichtig war ihm, hochwertige Schminke herzustellen und damit aber auch Geld zu verdienen. 1994 brachte er sechs eigene Lippenstifte heraus, die im New Yorker Nobelkaufhaus Barneys reißenden Absatz fanden.

"Ich habe nicht viel nachgedacht. Ich wollte gute Lippenstifte in einer tollen Verpackung. Das war die Idee. Wenn sie keiner kaufen würde, hätte ich einfach damit wieder aufgehört", sagt er. Das Gegenteil war der Fall. Zu den sechs Lippenstiften kamen Foundations und Blushes mit aufsehenerregenden Namen wie "Orgasm" oder "Deep Throat".

Schließlich begann Nars, die Werbekampagnen für seine Produkte auch selbst zu fotografieren, tauschte Pinsel gegen Kamera. "Ich hatte ja lange genug zugeschaut", sagt er, der mittlerweile eine Reihe von Bildbänden publiziert hat.

Nars fotografierte die Werbekampagnen für seine Produkte selbst.
Foto: Nars Cosmetics, François Nars Archives

2000 verkaufte François Nars seine Marke an den japanischen Kosmetikkonzern Shiseido, blieb jedoch der Chef der Produktentwicklung. "Kein einziges Produkt geht ohne seinen Sanktus raus", weiß Make-up-Künstlerin Jane Richardson, die seit über 20 Jahren im Nars-Team arbeitet.

Sie kennt François und seinen genialischen Zugang gut: "Schminken ist Stimmungssache", hat er ihnen beigebracht, und "weniger kann mehr sein". Richardson präsentiert bunte Lidschatten und Foundations, die Sommersprossen nicht verdecken, sondern durchscheinen lassen. François Nars' Mutter mochte es natürlich, seine Großmutter eher schrill: In seiner Marke, die alles, nur kein Hausfrauenlook ist, hat Nars beides vereint.

Daria Strokous war das Gesicht der Nars-Kampagne 2015/16.
Foto: Nars Cosmetics, François Nars Archives

Seine Foundations, seine Concealer und Lidschatten sind in den Parfümerien rund um den Globus zu Bestsellern avanciert. "Man kann jemand anderer werden oder sich selbst finden, und man kann immer auch abheben", sagt Nars, der heute zwischen Los Angeles und seiner Südsee-Insel Motu Tane pendelt und viermal pro Jahr neue Produkte mit aufsehenerregenden Namen in mattschwarzen Verpackungen auf den Markt bringt.

"Climax" heißt etwa die neue Wimperntusche, die so wie alle anderen Nars-Artikel intensiv auf Instagram beworben wird. Der Experte weiß eben, was seinen Fans im Selfie-Zeitalter gefällt. Traum und Wirklichkeit hören im 21. Jahrhundert nicht auf, im Gegenteil, wer sich bestmöglich vor der Kamera in Szene setzen will, sollte nicht nur mit Photoshop-Bildbearbeitungsprogrammen nachhelfen, sondern schon mit Nars Vorarbeit leisten. (Karin Pollack, RONDO, 13.11.2018)

Foto: Nars Cosmetics

Torrid Liquid Blush Open: 31,50 Euro

Foto: Nars Cosmetics

Orgasm Lipgloss: 25 Euro

Foto: Nars Cosmetics

Natural Radiant Longwear Foundation Gobi: 45 Euro

Foto: Nars Cosmetics

Singapore Quad Eyeshadow: 46 Euro

Erhältlich ist Nars jetzt bei Douglas auf der Wiener Mariahilfer Straße 84 sowie im Onlineshop unter douglas.at.

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