In Neufeld, wo Sanochemia Wirkstoffe für sich und Dritte produziert, sind rund 110 der knapp 160 Mitarbeiter des Pharmaunternehmens beschäftigt.

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Die Sanochemia Pharmazeutika AG, eine der wenigen Pharmafirmen mit österreichischen Eigentümern, stellt sich auf eine neue Phase in der zum Teil turbulenten Unternehmensgeschichte ein. Die Mühen der vergangenen Jahre hätten gefruchtet, zwei Moleküle seien weit entwickelt. Nun könne man sich auf erste Geldrückflüsse einstellen, sagte Vorstandsdirektorin Christina Abrahamsberg dem STANDARD.

Bei den zwei erfolgversprechenden Produkten handle es sich um ein Diagnostikum zur Feststellung von Blasenkrebs – Vidon – und um Tolperison, ein seit Jahrzehnten in Osteuropa erprobtes Muskelentspannungsmittel.

Lizenzpartner stellen Geld für klinische Studien auf

Zur Finanzierung der sehr teuren klinischen Studien hat Sanochemia Partner gesucht und auch gefunden: für Vidon das Biotech-Start-up Newfield, für Tolperison Neurana Pharmaceuticals – beide aus den USA. Sanochemia ist auf dem größten Pharmamarkt der Welt bisher nicht präsent, will aber unbedingt dorthin. Mit Vidon und Tolperison habe man beste Chancen, sagte Abrahamsberg.

Allein in Europa erkranken jedes Jahr rund 150.000 Menschen an Blasenkrebs, weltweit etwa 500.000. Davon könne man 75 Prozent mit Vidon adressieren, nämlich all jene, die an einem nicht muskelinvasivem Blasenkarzinom leiden.

Milestone-Zahlungen

Das von Sanochemia weiterentwickelte und für den US-Markt an Newfield lizenzierte Vidon mache karzinogene Zellen in der Blase erstmals klar sichtbar und verhindere, dass diese übersehen werden. Läuft alles nach Plan, könnte Vidon 2023 am US-Markt erhältlich sein. Schon früher werde Sanochemia über vereinbarte Milestone-Zahlungen Geld verdienen, noch mehr später über Lizenzeinnahmen. Das Patent läuft bis 2035.

Noch etwas lässt die Sanochemia-Manager hoffen. Vidon könne nicht nur als Diagnostikum eingesetzt werden, sondern auch als Therapeutikum in der Nachbehandlung von Blasenkrebs. Das Marktvolumen hierfür beziffert Marketingvorstand Klaus Gerdes allein für die USA mit 150 Millionen Dollar (130 Millionen Euro).

Für Tolperison, das als Muskelrelaxans dient, gebe es ebenfalls großes Interesse am US-Markt, weil es im Gegensatz zu vielen Konkurrenzpräparaten keine sedierende Wirkung habe. Für Tolperison hat Sanochemia von den US-Behörden 2016 ein Stoffpatent mit einer Laufzeit bis 2028 und einer Verlängerungsoption bis 2032 erhalten. Vorsichtig geschätzt könnte sich daraus ein Umsatz von 500 Millionen Dollar pro Jahr ergeben – mit Lizenzeinnahmen in knapp zweistelliger Millionenhöhe für Sanochemia.

Aufwertung für Werk Neufeld

Für das Werk Neufeld im Burgenland, wo 110 der 160 Mitarbeiter des am Frankfurter Neuen Markt notierten Pharmaunternehmens beschäftigt sind, bedeute das jedenfalls eine Aufwertung. Die Wirkstoffe sowohl für Vidon als auch für Tolperison will man dort herstellen. Was Investitionen betreffe, werde man künftig verstärkt Geld in die Arrondierung des Kontrastmittelportfolios stecken, sagte Abrahamsberg.

Zuletzt hat Sanochemia den Umsatz um fünf Prozent auf 41,3 Millionen Euro gesteigert und den Betriebsgewinn von 0,713 auf 1,19 Millionen Euro verbessert. Das Ergebnis vor Steuern war mit 252.000 Euro negativ. Die Zahlen für das im September beendete Geschäftsjahr 2017/18 gibt es Mitte Jänner. Dann wird feststehen, wie stark die Auswirkungen des im Frühjahr behördlich verhängten vorübergehenden Produktionsstopps im Werk Neufeld waren. Dabei ging es, wie berichtet, um Produkte, die in Lohnfertigung für Dritte hergestellt wurden und Verunreinigungen aufwiesen. (Günther Strobl, 18.10.2018)