Wien – Einen über weite Strecken harten Schlagabtausch über Sozialpolitik und Arbeitslosengeld haben sich der ÖVP-Klubchef August Wöginger und der Wiener SPÖ-Stadtrat Peter Hacker am Mittwochabend bei der Livediskussion im STANDARD-Newsroom in Wien geliefert.

Teil 1 der Diskussion: ÖVP-Klubchef August Wöginger und der Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker diskutierten über die von Türkis-Blau geplanten Änderungen in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik.
DER STANDARD

Die geplante Reform der Mindestsicherung wird laut Wöginger bereits in einigen Tagen entlang der bekannten Leitlinien vorliegen: Für Familien mit vielen Kindern wird es weniger Geld geben. Ebenso für Migranten, die nicht gut Deutsch sprechen.

Darin sieht der ÖVP-Politiker auch einen Weg, um den Anreiz für Menschen in der Mindestsicherung zu steigern, sich Arbeit zu suchen. Wöginger: "Es braucht eine Ausgewogenheit zwischen dem, was ich verdienen kann, und der Sozialhilfe." Sein Beispiel: Ein Arbeitnehmer sei zu ihm gekommen und habe von seinen neuen Nachbarn, einer "asylberechtigten Familie" mit vier Kindern, erzählt. Die Familie soll laut Wöginger mehr Geld via Mindestsicherung bekommen haben, als der Arbeitnehmer verdiente. "Das hat mich stutzig gemacht. Wir müssen aufpassen, welche Leistung wir für welche Dauer zur Verfügung stellen."

"Kinder sind uns was wert"

Hacker konterte scharf: Es sei "typisch" für den neuen Stil der ÖVP, dass sie prompt mit Flüchtlingen argumentiere. Die Mindestsicherung sei eine Schwelle, um extreme Armut in Österreich zu verhindern. Der ausbezahlte Betrag steige mit der Zahl der Kindern, und das gelte auch für Inländer.

Teil 2 der Diskussion: ÖVP-Klubchef August Wöginger und der Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker diskutierten über die von Türkis-Blau geplanten Änderungen in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik.
DER STANDARD

"Das liegt daran, dass uns Kinder etwas wert sind", so Hacker. "Sie pflegen ihre Feindbilder und merken das schon gar nicht mehr." ÖVP und FPÖ wollten in Wahrheit nur das Sozialmodell Wiens "kaputtschießen", wo es die mit Abstand meisten Empfänger der Mindestsicherung gibt.

Wöginger: Notstandshilfe abschaffen

Während Wöginger dafür plädierte, die Notstandshilfe in der heutigen Form abzuschaffen und in das Arbeitslosengeld zu integrieren, kritisierte Hacker diesen Plan. Aktuell können Menschen, die ihren Job verlieren, zuerst Arbeitslosengeld und anschließend Notstandshilfe beziehen, und zwar theoretisch unbegrenzt bis zur Pension.

Wird damit das Versicherungsprinzip nicht ad absurdum geführt, weil zwischen Höhe der Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung und Höhe der Auszahlungen aus der Notstandshilfe kein Zusammenhang mehr besteht? Nein, sagte Hacker. "Bei der Notstandshilfe geht es nicht darum: Je mehr ich auf ein Sparbuch einbezahlt habe, desto mehr bekomme ich raus. Wenn ich versichert bin, und mein Haus brennt ab, zahlt die Versicherung ja auch unabhängig davon, wie lange ich versichert war. Außer, das Gegenteil ist in einer Klausel festgeschrieben." Wöginger kündigte im Gespräch auf Nachfrage auch neue Zielvorgaben für das Arbeitsmarktservice an. Dort wird gerade daran gearbeitet, Arbeitslose mittels eines Algorithmus in drei Gruppen einzuteilen: jene mit mittleren, guten und schlechten Chancen am Arbeitsmarkt.

Entlang dieser Einteilung soll es künftig Budgetvorgaben geben, bestätigte Wöginger. Hacker dazu: "Für die dritte Kategorie an Arbeitslosen mit schlechter Perspektive wird es gar keine Förderungen mehr geben." Wöginger bestritt das. (András Szigetvari, 18.10.2018)