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Es sind keine guten Wahlergebnisse in Sicht. Sowohl der hessischen CDU mit Ministerpräsident Volker Bouffier (li.) als auch der SPD mit Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel drohen am 28. Oktober Verluste.

Foto: dpa / Rumpenhorst

Thorsten Schäfer-Gümbel hat es zurzeit nicht leicht. Eigentlich möchte der hessische SPD-Vorsitzende im Wahlkampf vor allem darüber sprechen, wie man bezahlbaren Wohnraum schafft. Der Oppositionsführer ist vor kurzem extra nach Wien geflogen, um sich zu informieren.

Doch nach dem desaströsen Abschneiden der SPD bei der Bayern-Wahl (nur 9,7 Prozent) wollen viele bloß über eines reden: über die große Bürde, die auf seinen Schultern lastet. TSG, wie er genannt wird, und seine SPD sollen am 28. Oktober ein viel besseres Ergebnis holen als die "Roten" in Bayern. Es möge so gut sein, dass die schwarz-grüne Regierung von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) abgewählt wird, hofft man in Wiesbaden und in Berlin.

"Hessen ist Hessen" – aber nicht nur

Das nämlich soll nicht nur die frustrierten Genossen in Hessen, sondern auch jene im Rest der Bundesrepublik beruhigen. Am Mittwochabend wurde TSG beim TV-Duell gegen Bouffier gefragt, ob ihn dieser Druck nicht sehr belaste. Seine Antwort: Es gebe schon eine bundespolitische Relevanz – diese sei "nach der Bayernwahl erst recht da". Aber eigentlich gelte: "Hessen ist Hessen."

Doch das sehen viele anders. Im Berliner Regierungsviertel wird hinter vorgehaltener Hand erklärt, dass nach der Hessen-Wahl – sollte sie zur Katastrophe werden – Dämme brechen könnten.

Die große Koalition ist ohnehin nicht beliebt bei den Sozialdemokraten, und der Tenor lautet: Wenn wir bei Landtagswahlen immer mehr absacken, weil die Performance im Bund so schlecht ist, dann müssen wir uns aus der Gefangenschaft der Groko befreien.

Manche sprechen es auch offen aus, etwa der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Eine Ursache für die Klatsche in Bayern sei auch der "Riesenstreit" der Koalitionäre in Berlin gewesen, den immer wieder die CSU angezettelt habe. Seine Schlussfolgerung: "Wenn es nicht besser wird, hallo, dann machen wir auch nicht weiter."

Dritter Anlauf für TSG

Neun Tage bleiben Schäfer-Gümbel noch. Doch dass er am Wahlsonntag das psychologisch so wichtige Ergebnis liefern kann, ist nicht absehbar. Im neuen ZDF-Politbarometer kommt die SPD nur auf 20 Prozent. Das wäre zwar doppelt so viel, wie die Genossen in Bayern schafften – aber sehr viel weniger als jene 30,7 Prozent, die die SPD in Hessen 2013 bekam.

Der Spitzenkandidat hieß damals übrigens auch schon Schäfer-Gümbel, und im Jahr 2008 bei der Wahl ebenfalls. Es ist sein dritter Versuch, einen CDU-Ministerpräsidenten zu stürzen, die CDU hält die Staatskanzlei in Hessen seit 19 Jahren in der Hand.

Manche Umfragen weisen auf eine Abwahl des CDU-Mannes Bouffier durch ein linkes Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei hin. Dies könnte rechnerisch möglich sein. Allerdings: Der Ministerpräsident würde dann wohl Tarek Al-Wazir heißen und von den Grünen kommen.

Grüner Regierungschef möglich

Diese haben schon in den vergangenen fünf Jahren mit der CDU koaliert. Und sie könnten nun, nach Bayern, auch in Hessen ein starkes Ergebnis einfahren. 2013 erreichten sie 11,1 Prozent. Nun liegen sie in Umfragen zwischen 18 und 22 Prozent. Al-Wazir ist Hessens beliebtester Politiker. Doch dass ein linkes Bündnis unter grüner Führung die SPD besänftigt, ist schwer vorstellbar. (Birgit Baumann aus Berlin, 19.10.2018)