Die Nutzlast der Rakete und das beteiligte Team.
Foto: Thomas Schleuss, DLR

Mainz – Einem Forscherteam aus Deutschland ist es gelungen, an Bord einer Rakete erstmals ein Bose-Einstein-Kondensat im Weltraum zu erzeugen, wie die Universität Mainz berichtet. Für das Pionierexperiment wurde eine Forschungsrakete vom schwedischen Weltraumbahnhof Esrange ins All gebracht. Der Start selbst war bereits am 23. Januar 2017 – die Ergebnisse des Experiments wurden nun im Fachmagazin "Nature" vorgestellt.

Hintergrund

Ultrakalte Quantengase wie das Bose-Einstein-Kondensat bilden den Ausgangspunkt, um eine Vielzahl von quantentechnologischen Experimenten zu realisieren. Wissenschafter können damit etwa das Schwerefeld der Erde vermessen oder Gravitationswellen aufspüren. Da die Genauigkeit solcher Experimente in der Regel durch die Beobachtungszeit der ultrakalten Atome begrenzt ist, verspricht die Durchführung im Weltraum eine deutliche Steigerung der Sensitivität. Die Beobachtungszeiten sind dann nicht mehr durch die Fallbeschleunigung auf der Erde limitiert.

Ein Wissenschafterteam mit Mitgliedern aus elf verschiedenen deutschen Universitäten und Forschungsinstituten entwickelte und baute die wissenschaftliche Nutzlast für den Weltraumflug der Rakete MAIUS-1 und führte die Messungen während des 15-minütigen Flugs durch.

Nahe am Nullpunkt

In dem Experiment wurde ein atomares Gas aus Rubidium-Atomen durch die Einstrahlung von Laserlicht und durch Magnetfelder gefangen und auf Temperaturen von wenigen Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlt. Dies ermöglichte, dass das Kondensat über mehrere hundert Millisekunden beobachtet und für Messungen verwendet werden konnte.

In "Nature" bilanzieren die Forscher, dass sowohl die Erzeugung als auch der Transport der Atome mit einer sehr hohen Reproduzierbarkeit möglich ist. Speziell die Bewegungen der Atome in der durch Magnetfelder gebildeten Falle, erzeugt durch einen sogenannten Atomchip, lassen sich sehr gut vorhersehen. Somit könnten diese Bewegungen sogar für fortgeschrittenere Kühltechniken verwendet werden.

Weitere Missionen in Planung

"Damit sollen in zukünftigen Missionen noch tiefere Temperaturen von bis zu einigen Billionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt oder sogar noch tiefer erreicht werden", sagt André Wenzlawski. Bei diesen extrem kalten Temperaturen wird die Geschwindigkeit der Atome stark verlangsamt. Sie können in zukünftigen Missionen während mehreren Sekunden beobachtet werden und es können Präzisionsmessungen mit Genauigkeiten durchgeführt werden, die auf der Erde nicht möglich sind.

Für 2020 und 2021 sind zwei weitere Raketenstarts geplant, in denen neben ultrakalten Rubidium-Atomen auch Kalium-Atome untersucht werden. Ebenso werden die gewonnenen Erkenntnisse in die Planung des BECCAL-Projekts einfließen, in dem innerhalb einer Kooperation zwischen NASA und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ein Experiment mit ultrakalten Quantengasen auf der Internationalen Raumstation realisiert werden soll. (red, 18. 10. 2018)