Angebote für den Erwerb von Pässen fand die OECD in Malta, im Bild: Valletta.

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Auf der Website des Dienstleisters Apex wird detailliert erklärt, wie man zu einer zypriotischen Staatsbürgerschaft kommt. Zwei Wege stehen zahlungskräftigen Kunden offen. So gibt es die Möglichkeit, für zwei Millionen Euro eine Luxusimmobilie auf Zypern zu erwerben. Wer älter als 18 Jahre ist, keine Vorstrafen hat und einen Sicherheitscheck der Behörden übersteht, hat beste Chancen, den Pass garantiert, heißt es bei Apex. Variante zwei: ein Haus für nur 1,5 Millionen Euro kaufen und noch einmal 500.000 Euro in zypriotische Staatsanleihen investieren.

Unternehmen wie Apex, CS Global und Henley & Partners bieten ihren Kunden eine neuartige Dienstleistung an: Sie sind dabei behilflich, eine neue Staatsbürgerschaft zu erwerben. Das Angebot richtet sich an Einzelpersonen ebenso wie an deren Angehörige.

Großes Vermögen

Grundvoraussetzung ist ein großes Privatvermögen, da Investitionsbereitschaft der erste Schritt zum Erwerb eines Passes ist. Auf den Websites der erwähnten Firmen werden die EU-Staaten Zypern und Malta, die Karibikinseln St. Kitts und Nevis sowie Antigua und Barbuda als Beispiele für Länder mit käuflichen Pässen erwähnt. Aber auch Grenada, Kanada und Österreich werden als Staaten angepriesen, die es wohlhabenden Investoren mehr oder weniger einfach ermöglichen, eine zusätzliche oder neue Staatsbürgerschaft anzunehmen.

Während in Ländern wie Malta die Pflicht besteht, sich zeitweilig niederzulassen, ist das in anderen Staaten gar nicht nötig. In St. Lucia können Investoren die Staatsbürgerschaft bekommen, ohne Sprachkenntnisse (Englisch) vorweisen zu müssen und ohne auch nur ein Gespräch mit den lokalen Behörden zu führen, wie das Vermittlungsunternehmen CS Global auf der Website schreibt. Sogar jemand, der das Land nie betreten hat, kann die Staatsbürgerschaft des Karibikstaates annehmen.

Lukratives Geschäftsmodell

"Eine Handvoll Unternehmen hat aus dem Verkauf von Staatsbürgerschaften ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt", sagt Alex Cobham, der die britische NGO Tax Justice Network leitet.

Der Verkauf von Staatsbürgerschaften ruft nun zunehmend die EU und die Industriestaatenorganisation OECD auf den Plan. Die OECD hat in 100 Ländern untersucht, wie die einzelnen Modelle aussehen. Das am Dienstag vorgelegte Ergebnis: In 21 Ländern bestehe das "hohe Risiko", dass durch den Verkauf von Staatsbürgerschaften der Kampf gegen Steuerhinterziehung unterlaufen werde. Neben Malta und Zypern werden auch Monaco, die Bahamas, Panama und Kolumbien als Problemfälle genannt.

Globaler Datenaustausch

Aber warum die Kritik? Im vergangenen Jahr und heuer hat ein globaler Anlauf gegen Steuervermeidung begonnen. Behörden in 50 Ländern tauschen grenzüberschreitend Daten aus. Es kommen laufend Staaten dazu. Eröffnet ein Österreicher in Deutschland oder Argentinien ein Konto, erfährt die heimische Finanz die Identität des Bürgers ebenso wie Kontostand und Zinseinnahmen. Das soll verhindern, dass Bürger Schwarzgeld anlegen können.

Durch die Möglichkeit, Staatsbürgerschaften zu erwerben, drohe dieses Modell ins Leere zu laufen, so die OECD. Ein Beispiel: Ein Deutscher kauft sich den Pass von St. Lucia. Dann eröffnet er ein Konto in Luxemburg. Der luxemburgischen Bank gegenüber gibt er nur die karibische Staatsbürgerschaft an. Die Kontoinformationen aus Luxemburg würden jetzt nicht nach Deutschland, sondern nach St. Lucia geschickt. Dort interessiert das aber keinen, weil der Deutsche auf der Insel gar nicht steuerpflichtig ist.

Gravierendes Problem

Wie groß dieses Problem ist, lässt sich schwer sagen. Laut einem vor wenigen Tagen veröffentlichen Bericht von Transparency International haben in den vergangenen zehn Jahren 6.000 Menschen eine gekaufte Staatsbürgerschaft in der EU erhalten.

Cobham von Tax Justice Network spricht von einem "gravierenden Problem" für die Steuertransparenz. Und er kritisiert die OECD. Die Industriestaatenorganisation hat nicht offengelegt, warum sie gerade die Modelle in den erwähnten Staaten problematisch findet. Auch das Vereinigte Königreich biete ausländischen Investoren Möglichkeiten, an eine Niederlassungsbescheinigung zu kommen, sagt Cobham. Die OECD sollte erklären, weshalb das Land nicht als Problemfall angesehen wird und Monaco schon. Von der OECD wollte das am Mittwoch niemand kommentieren.

Auch die EU erhöht indes den Druck. Justizkommissarin Věra Jourová sagte dem "Guardian", dass sie es für problematisch hält, wenn Staatsbürgerschaften gegen Geld erworben werden können. Sie verstehe das ökonomische Interesse dahinter. Die Modelle seien jedoch ein Sicherheitsrisiko.

Investmentprojekte

Möglichkeiten zum Erwerb der Staatsbürgerschaft in Österreich werden von einem der Dienstleister erwähnt: von Henley & Partners, die auch eine Niederlassung in Wien haben. Ein reines Investment in Immobilien reicht nicht aus, um den österreichischen Pass zu bekommen. Die Möglichkeit steht zum Beispiel Unternehmern offen, die "maßgebliche" Investmentprojekte durchführen und Arbeitsplätze schaffen.

Henley & Partners weist darauf hin, dass es in Österreich die Möglichkeit gibt, die Staatsbürgerschaft zu erwerben und den eigenen Pass zu behalten. Das Gesetz sieht eine solche Ausnahme vom Verbot der Doppelstaatsbürgerschaft für Betuchte vor.

Bei Henley & Partners heißt es, dass die Kunden wohlhabende Individuen seien, die global mobil sein wollen. Für viele sei eine zusätzliche Staatsbürgerschaft eine Sicherheitsgarantie – bei Gefahren im Heimatland. Der Kauf einer Staatsbürgerschaft verändere die steuerliche Situation der Klienten nicht. Die Kontoinformationen müssten laut OECD-Regeln an jenes Land gehen, in dem der Betroffene wohnt, so eine Sprecherin. (András Szigetvari, 18.10.2018)