Sechsmal ziehen Österreicher in ihrem Leben laut Umfragen um. Mit vier Umzügen in seiner bisher 30-jährigen Geschichte kann DER STANDARD da ganz gut mithalten. Am ersten Standort werden heute Radiologenkongresse geplant. Am zweiten gibt es "Coffee and Sacher Cake" um 7,60 Euro. Am dritten wird herrschaftlich residiert. Der aktuelle Standort, ein revitalisiertes Bürogebäude in Wien-Landstraße, wurde vor sechs Jahren bezogen.

Im Bild: Das aktuelle Gebäude an der Vorderen Zollamtsstraße 13.
Foto: Matthias Cremer

Mix aus Alt und Neu

Aber von Anfang an: Bis 1990 war DER STANDARD an der Adresse Am Gestade 1 zu Hause. In dem vor 1683 errichteten Haus befanden sich unter anderem schon ein Frauenhaus und später ein Hotel, in dem, so meinen zumindest Anrainer, schon einmal ein Papst abgestiegen sein soll.

Am Gestade war DER STANDARD von 1988 bis 1990 zu Hause.
Foto: Matthias Cremer

An den DER STANDARD-Schriftzug an der Fassade erinnert man sich im Grätzel noch heute. Anstatt eines Empfangstresens wie früher stehen beim Eingang heute poppig-bunte Möbel rund um einen Besprechungstisch. Seit Jahresanfang hat sich die European Society of Radiology dort eingemietet. Man schätze den Mix aus Alt und Neu, erklärt Wolfgang Duchek von dem Unternehmen bei einer Hausführung.

An früher erinnert nicht mehr viel: Die Haustechnik wurde auf den neuesten Stand gebracht, die Büros sind heute voll klimatisiert. Demnächst wird das Haus hinter einem Gerüst verschwinden: Die Fassade wird saniert.

Umbau am Michaelerplatz

Auch im Palais Herberstein an der Ecke Michaelerplatz und Herrengasse, in dem DER STANDARD von 1990 bis 1997 beheimatet war, hat sich viel verändert: Das Gebäude wurde 1998 aufgestockt und teilweise entkernt.

Heute sind hier der Büroanbieter Regus, ein Immobilienentwickler, eine Kanzlei und ein Start-up untergebracht. Demnächst steht ein Umbau ins Haus: Das Erdgeschoß und der erste Stock sollen zu Geschäftsflächen umgebaut werden. Derzeit läuft die Mietersuche, heißt es vonseiten des Liegenschaftseigentümers, einer Tochter der Schweighofer-Stiftung.

Die frühere STANDARD-Redaktion an der Adresse Herrengasse 1–3.
Foto: Matthias Cremer

Statt des Cafés Griensteidl, das vor einem Jahr seine Pforten geschlossen hat, empfängt im Erdgeschoß heute das Café Klimt Touristen mit Sachertorte und Apfelstrudel. Nur ein paar Meter davon entfernt stehen Fiaker, außerdem hat ein Künstler hier Platz genommen, der gegen Bares Porträts von Touristen anfertigt.

Die Büromieter dürfte das bunte Treiben nicht stören. Klagen über das Klappern der Hufe habe es noch nicht gegeben, heißt es vonseiten der Eigentümer. Mitunter gebe es an heißen Sommertagen aber Beschwerden ob des beißenden Pferdegeruchs.

Standort Herrengasse

In einem etwas ruhigeren Teil der Herrengasse, Hausnummer 19–21, war DER STANDARD von 1997 bis 2012 eingemietet: Wo einst in großen Lettern DER STANDARD an der Fassade prangte, ist seit 2015 die Wiener Location des trachtigen Labels Mothwurf beheimatet. Insgesamt vier Geschäftsräumlichkeiten gibt es im Erdgeschoß.

Der Standort Herrengasse 19–21.
Foto: Matthias Cremer

In den Stockwerken darüber sind nach Revitalisierung der Residenzen Trauttmansdorff und Batthyány-Strattmann Mietwohnungen entstanden. Alle 23 Wohnungen des nunmehr "Palais Palais" genannten Objekts sind aktuell vermietet. Die Mietpreise beginnen bei 15 Euro pro Quadratmeter und steigen bis über 20 Euro.

Während die Zeitung in der Herrengasse 19–21 angesiedelt war, war die Onlineredaktion von 2007 bis 2012 in der Wallnerstraße 8 angesiedelt. Davor in der Schenkenstraße 4.
Foto: Matthias Cremer

"Wir haben hier eine gute Mischung", sagt Christoph Koessler vom Eigentümer Estrella Immobileninvest AG, die zur Wlaschek-Stiftung gehört. Unter den Mietern seien "sehr viele Österreicher", aber auch internationale Manager und Unternehmer.

Das Büro des damaligen Geschäftsführers des STANDARD, Wolfgang Bergmann, sei als Wohnung besonders begehrt gewesen, weil es eine Eckwohnung mit schönem Blick in die Herrengasse ist. Seit heuer ist auch die 400 Quadratmeter große Wohnung vermietet – inklusive Prunksaal. (zof, adem, 20.10.2018)

Weitere Eindrücke vom Haus in der Herrengasse 19–21:

Vieles wurde im Stiegenhaus erhalten: Die Originallampen stehen noch neben den Treppen, die Luster hängen noch – von einem davon ist ein Abdruck genommen worden, um ihn für das Stiegenhaus nachzugießen. Irgendwo im Gebäude soll sich im früher hier einquartierten Hotel Klomser der entlarvte Agent Oberst Alfred Redl erschossen hatte (Spionageaffäre im Mai 1913).
Foto: Standard/Marietta Adenberger
Auch zwei besonderen Relikten wird in der Herrengasse 19–21 Respekt gezollt. Zwei Steine hat man auf Säulen platziert: Das eine ist ein römischer Stein mit einem Wolf-Relief, den man im Keller eingemauert gefunden hat. Das andere ein Gesimsstein aus der Renaissance.
Foto: Standard/Marietta Adenberger
Ein Blick von oben nach unten. Hier waren früher die Redakteure unterwegs. Heute trifft man in dem von Architekt Martin Mittermair umgeplanten Gebäude die Mieter des "Palais Palais".
Foto: Standard/Marietta Adenberger
Früher gab es dort oben wichtige Sitzungen, Interviewtermine und Feste – heute dient der Rote Salon als Esszimmer, der Prunkraum als Wohnzimmer. Aufgrund der fünf Meter hohen Räume wurde eine fünf Meter hohe Glaswand in die Dusche eingebaut. (adem)
Foto: Standard/Marietta Adenberger