Im Jahr 2030 werden die Frauen mit ihren Lungenkrebs-Neuerkrankungen die Männer überholt haben, prognostizieren Experten.

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Etwas weniger als 900.000 Österreicher haben das "Don't Smoke"-Volksbegehren unterschrieben. Die türkis-blaue Bundesregierung will dem Wunsch nach der Einführung des Gastro-Rauchverbots dennoch nicht nachkommen. Experten, allen voran Mediziner, kritisieren das schon länger.

Nun hat sich erneut einer zur Wort gemeldet. Die Häufigkeit von Lungenkrebserkrankungen – sie treffen vor allem Rauchern – steige in Österreich immer weiter an, sagt der Wiener Lungenkarzinomspezialist Maximilian Hochmair: "Wir sind die absoluten Lulus, was den Nichtraucherschutz betrifft." Es sei zu hoffen, dass es beim Nichtraucherschutz in Österreich doch noch zu einem Umdenken komme.

Vor allem Frauen erkranken zunehmend häufiger an Lungenkarzinomen. Die Daten der Statistik Austria belegen: 1990 wurden in Österreich 3.471 Lungenkrebs-Neuerkrankungen registriert (2.598 bei Männern, 873 bei Frauen). 2009 waren es bereits 4.360 dieser zumeist tödlich verlaufenden Erkrankungen (2.829 männliche Patienten, 1.531 Frauen). Im Jahr 2020 werden in Österreich laut den Berechnungen der Gesundheitsstatistiker 5.224 Österreicher an einem Lungenkarzinom erkranken (2.948 Männer und 2.277 Frauen). Im Jahr 2030 wird es 6.166 Lungenkrebs-Neuerkrankungen geben: 2.958 bei Männern, die Frauen werden mit 3.208 Neuerkrankungen die Männer bereits überholt haben.

"Coole Zeit"

Obwohl Lungenkarzinome eines der größten Probleme in der Medizin sind, gibt es dennoch Fortschritte. "Es ist schon eine 'coole' Zeit für Pneumo-Onkologen", sagt Hochmair. Ein Grund dafür: Mit modernen Immuntherapien steht seit wenigen Jahren eine zusätzliche Behandlungsform zur Verfügung, die die sonst extrem schlechten Überlebensraten bei Lungenkarzinompatienten verbessert. Die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei Lungenkarzinomen betragen bisher nur rund 15 Prozent bei den Männern und etwa 20 Prozent bei den Frauen.

Erstmals existiert mit einer Immuntherapie mit dem monoklonalen Antikörper Durvalumab nunmehr eine durch die sogenannte Pacific-Studie wissenschaftlich belegte Behandlungsform für Patienten im inoperablen Stadium III eines Lungenkarzinoms, die die Überlebensraten signifikant verbessert. In die Untersuchung wurden 713 Patienten nach einer kombinierten Chemo-Strahlenbehandlung aufgenommen. Bisher gab es nach dieser Chemo-Radiotherapie für solche Patienten wenige weitere Möglichkeiten, bei 90 Prozent kam es zum Fortschreiten der Erkrankung mit Metastasierung. Im Jahr gibt es in Österreich rund 1.700 solcher Patienten. 89 Prozent treten vom Stadium III ins Stadium IV über.

Im Rahmen der Studie erhielten zwei Drittel der Patienten über ein Jahr hinweg alle zwei Wochen das Immuntherapeutikum, das eine Blockade des Oberflächenproteins PD-L1 auf Tumor- und Immunzellen blockiert und so die Abwehrzellen wieder "scharf" machen soll. Ein Drittel der Kranken bekam ein Placebo.

Gute Ergebnisse

Die Ergebnisse waren ausgesprochen gut: Nach zwei Jahren lebten noch 66,3 Prozent der mit dem Immuntherapeutikum Behandelten, hingegen nur noch 55,6 Prozent der Patienten in der Placebo-Gruppe. Berücksichtigte man nur jene Patienten, bei denen aufgrund von Labortests (Untersuchung auf Vorhandensein von PD-L1 auf den Tumorzellen) eher mit einem positiven Effekt zu rechnen war, lag die Überlebensrate nach zwei Jahren sogar bei 73 Prozent.

Durvalumab wurde auf der Basis dieser Ergebnisse vor wenigen Tagen von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zugelassen. Es steht Patienten mit lokal fortgeschrittenem, inoperablen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (Stadium III) zur Verfügung, wenn die Erkrankung unter der ersten Chemo-Radiotherapie nicht fortgeschritten ist und der Tumor zumindest auf einem Prozent der Zellen das PD-L1-Charakteristikum aufweisen. Die Therapie steht auch in Österreich zur Verfügung.

Unterschiedliche Formen

Enorme Fortschritte vermelden Pneumologen auch bei der Behandlung der "Volkskrankheit" COPD, bei der, vereinfacht ausgedrückt, die Lungenfunktion immer schlechter wird. Nicht mehr Kortison gilt nach neuen Erkenntnissen unbedingt als am häufigsten wirksames Mittel, wie Bernd Lamprecht, Vorstand der Lungenklinik am Kepler Universitätsklinikum in Linz, erklärt.

Da die Medizin gelernt hat, Unterschiede in den Ausprägungsformen der COPD zu erkennen, können sie zielgerichtete Medikamente einsetzen. So hat sich gezeigt, dass bei Patienten mit wenigen Eosinophilen, einer speziellen Form weißer Blutkörperchen, Kortison nichts bringt. Wenn Eosinophile gehäuft auftreten, wirkt ein inhalatives Kortikosteroid – nach neuesten Daten am besten als Bestandteil einer Kombi-Therapie mit zwei bronchienerweiternden Mitteln. (APA, red, 22.10.2018)