Diese Honduranerin kämpft im Grenzfluss Goascorán, der ihr Heimatland von El Salvador trennt, um ihr Leben. Ihr Ziel, genauso wie für tausende andere: die USA.

Foto: AFP / Marvin Recinos

Am 12. Oktober sind sie losmarschiert, rund 160 Frauen, Männer und Kinder aus Honduras, einem der ärmsten Länder Mittelamerikas. Es reichte ein Aufruf auf Facebook, damit sie alles hinter sich ließen: "Die Karawane der Selbstorganisierten. Wir gehen nicht freiwillig, sondern weil Gewalt und Armut uns zwingen. Wir treffen uns um 8 Uhr am 12. Oktober am Busbahnhof von San Pedro Sula." Ziel: die USA. Entfernung: mehr als 2000 Kilometer. Hoffnung: Asyl.

Nur die wenigsten von ihnen dürften es in die USA schaffen, aber der Exodus ist ein Symbol. Viele schlossen sich unterwegs an, die Karawane ist inzwischen auf knapp 3000 Personen angeschwollen. Viele Mütter mit Kindern, alte Menschen und sogar eine Frau im Rollstuhl. "Es gibt keine Aussicht auf Besserung in Honduras. Von unseren Politikern ist nichts zu erwarten, sie sind allesamt korrupt", sagte die 27-jährige Gabriela Natareno. Sie flüchte vor der Gewalt der kriminellen Jugendbanden, erklärte eine 18-Jährige. "Einen Schlepper kann ich nicht bezahlen, und die Route ist sehr gefährlich, aber in der Gruppe fühle ich mich sicher."

Solidarität für die Migranten

Bevor die Behörden bemerkten, was los war, hatten die ersten Migranten, die in loser Formation per Autostopp reisen oder auf Landstraßen marschieren, bereits die Grenze nach Guatemala überquert. Sie trafen auf große Solidarität: Gemeinden stellten Schlafplätze in Sporthallen bereit, Privatleute spendeten Kleider, kirchliche Gruppen organisierten Suppenküchen, Medien begleiteten die Migranten und berichteten.

Donnerstagabend Ortszeit überquerten die Ersten die mexikanische Grenze, wo ein verstärktes Polizeiaufgebot auf sie wartete. Nur wer gültige Papiere habe, dürfe weiterreisen, so die Regierung. Und das dürften wenige sein, denn Mexiko verlangt von Mittelamerikanern ein Visum. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) appellierte, die Sicherheit und die Rechte der Migranten zu garantieren. Mexikos Regierung lud die Organisation daraufhin ein, mit den Behörden an der Grenze Asylanträge entgegenzunehmen. Mexikos Sicherheitskräfte gelten laut Menschenrechtlern als brutal und korrupt. Oft würden Migranten von ihnen erpresst oder ausgeraubt. Am Freitagabend durchbrachen mehrere Tausend von ihnen die Grenzabsperrung und betraten mexikanisches Territorium

Druck aus Washington

Es ist die größte, aber nicht die erste Migrantenkarawane, sehr zum Ärger von US-Präsident Donald Trump, der sich so kurz vor den Kongresswahlen bei seinem Vorzeigethema Migration keine Blöße leisten will. Deshalb setzt er die Nachbarn massiv unter Druck: Wenn sie die Karawane nicht stoppten, werde er ihnen sofort jegliche Hilfe streichen, twitterte Trump am Donnerstag. Die Drohungen liefen erst einmal ins Leere. Laut mittelamerikanischem Mobilitätsabkommen herrscht Reisefreizügigkeit in der Region, sofern man sich ausweisen könne.

Dennoch ist die Situation für die Regierungen Mittelamerikas unangenehm. Nicht nur wegen der Hilfe von 60 Millionen US-Dollar, die etwa für Honduras auf dem Spiel steht. Auch das politische Überleben einiger Staatschefs hängt vom Wohlwollen der US-Regierung ab. So braucht der konservative guatemaltekische Staatschef Jimmy Morales die Rückendeckung der USA, um Korruptionsermittlungen gegen sich abzuwenden.

In Honduras hält sich der Konservative Juan Orlando Hernández nach einer umstrittenen Wahl vor allem deshalb an der Macht, weil die USA, die ein Militärkontingent in dem Land haben, in ihm einen Verbündeten im Kampf gegen den Drogenhandel sehen.

Angeblicher Organisator festgenommen

Aus diesem Grund hat Guatemala inzwischen die Grenze militarisiert und den angeblichen Organisator der Karawane wegen mutmaßlicher Schlepperei festgenommen. Nach Angaben aus Honduras handelt es sich bei Bartolo Fuentes um einen ehemaligen Abgeordneten der linken Partei Libre und Erzfeind von Präsident Hernández. Der erklärte umgehend, das Ganze sei politisch motiviert und habe zum Ziel, seiner Regierung zu schaden.

Fuentes bestreitet das, aber unmöglich erscheint es nicht. Nun liegt der Ball bei Mexiko, das Trump gerne zum vorgelagerten Grenzposten ausbauen würde. Er droht, andernfalls die gemeinsame Grenze dichtzumachen, über die jeden Tag hunderttausende Menschen pendeln und Waren im Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar wandern. Für Mexiko wird die Migration damit zunehmend zum Problem. Weil sie es nicht mehr bis in die USA schaffen, bleiben viele Mittelamerikaner im Land. Die Zahl der Asylanträge hat sich seit 2015 verdreifacht. (Sandra Weiss, 20.10.2018)