Um den Schul-Staatspreis zu vergeben, begnügt sich die Jury mit einem Blick von außen.

Foto: Christian Fischer

Heuer feiert er seinen Runden, am 31. Oktober wird er nach zehn Jahren erstmals unter einem neuen, prestigeträchtigen Namen vergeben: der österreichische Staatspreis für Schule und Unterricht. Die Siegerschule erhält neben 10.000 Euro Preisgeld einiges an Ruhm und Ehre. Platz zwei und drei bringen den Ausgezeichneten 5000 beziehungsweise 3000 Euro ein. Hinzu kommt der mit 7000 Euro dotierte Sonderpreis, diesmal verliehen für "Innovative Projektarbeit".

Freihändig vergeben

Aber wie schafft es eine Schule überhaupt in den Kreis der Finalisten? Wie streng wird geurteilt? Zunächst braucht es ein Bewerbungsschreiben. In einem sechsseitigen Bogen werden Informationen abgefragt, die die Eignung der Schule in den einzelnen Teilbereichen – Unterrichtsqualität, Umgang mit Vielfalt, Schulmanagement etc. – hervorstreichen sollen. Sorge vor einem vielleicht sogar unangemeldeten Vor-Ort-Besuch muss niemand haben: "Einzelne Interviews mit Lehrpersonen bzw. Schulbesuche wären zwar wünschenswert, können aber aus Ressourcengründen nicht durchgeführt werden", lautet dazu die Auskunft aus dem Bürgerbüro des Bildungsministeriums. Allerdings: Die Jurymitglieder seien "durch ihre jahrelange Zusammenarbeit mit den Schulen mit diesen vertraut".

Genau das könnte das Problem sein. Die Expertenjury ist gut mit Ministeriumsmitarbeitern besetzt, darunter Abteilungsleiter, Sektionschefs und Generalsekretär. Gemeinsam mit der Kommunikationsabteilung (hier erfolgt die Vorauswahl) haben sie ein gewichtiges Wort bei der Kür der Siegerschulen mitzureden.

Schlechtes Schulklima

Dass diese Ermittlung der Preisträger für Irritation sorgt, überrascht wenig. Selbst vonseiten der Nominierten, die zur Preisverleihung mitsamt dem Lehrerteam anrücken dürfen, kommt Kritik.

An einem Standort wundern sich mehrere Lehrkräfte, die lieber anonym bleiben wollen, wie man es unter die Finalisten geschafft hat. Von den sechs auf der Ministeriumswebsite postulierten Qualitätskriterien erfülle ihr Schulstandort nämlich eines bestimmt nicht: ein harmonisches Schulklima, das in den Bewertungskriterien als "Lebensraum Klasse und Schule" subsumiert wird. Innovationsfreudig sei "ihre" Schule bestimmt, auch verfüge man über ein tolles Gebäude und gute Ausstattung. Bloß das Schulklima würden viele als "wirklich schlecht" erleben. Ob nicht andere Mitbewerber den Preis eher verdient hätten?

Erziehungswissenschafter Michael Schratz von der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck sieht einen großen Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Schulpreis: In Deutschland werde bereits bei der Zusammensetzung der Jury Wert darauf gelegt, dass unterschiedliche Perspektiven bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Da sitzen also Lehrer, Schulleiter, Wissenschafter sowie Menschen aus der Verwaltung gemeinsam mit politisch Verantwortlichen zusammen, um die besten Schulen des Landes herauszufiltern. In Österreich hingegen liege der Auswahlprozess allein in den Händen der Schulaufsicht. Schratz hält einen solch eindimensionalen Blick für "problematisch". In Deutschland hingegen würden oft Schulen gewinnen, die politisch nicht gerade erwünscht seien, sagt Schratz.

Die Lyrik des Schulpreises

Auch dass Belege von österreichischen Bewerbern nicht verpflichtend beigelegt werden müssen, gefällt dem Experten, der auch Sprecher des deutschen Schulpreises ist, nicht. "Man kann ja alles Mögliche auf ein Papier schreiben. Beim deutschen Schulpreis prüfen wir genau, ob das nur Lyrik ist." Jene 20 Schulen, die zum Schluss noch im Rennen sind, werden dann besucht. Zuvor muss ein zehnseitiger Bewerbungsbogen ausgefüllt werden, ebenso müssen Referenzen vorgelegt werden.

Im Bildungsministerium weiß man um das Problem. Man arbeite daran, sämtliche Preise des Hauses zu durchforsten, sagt Generalsekretär Martin Netzer. Die Devise: weniger Preise, mehr Qualität. Nächstes Jahr soll der Schul-Staatspreis in neuer Jurybesetzung mit externen Experten vergeben werden.

Dass es in Österreich auch anders geht, zeigt das Land Vorarlberg. Seit zwei Jahren gibt es dort einen eigenen Schulpreis. In der Jury sitzen Experten aus dem nahen Ausland, etwa Deutschland oder der Schweiz. Schulbesuche, Gespräche mit Lehrern und Eltern sind eine Selbstverständlichkeit. (Peter Mayr, Karin Riss, 20.10.2018)