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US-Präsident Donald Trump bietet mit seinem Zickzackkurs zu Saudi-Arabien ein trauriges Schauspiel.

Foto: REUTERS/Jonathan Ernst

Donald Trump bietet mit seinem Zickzackkurs zu Saudi-Arabien ein trauriges Schauspiel. Einmal sieht er die Führung in Riad als für die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi verantwortlich an, dann wieder nimmt er Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) in Schutz. Das liegt aber nicht nur am Dilettantismus des US-Präsidenten, sondern auch an einem tieferen Dilemma, vor dem die US-Außenpolitik von jeher steht: Wie geht man mit Verbündeten um, die Menschenrechte und andere liberale Werte mit Füßen treten?

Jahrzehntelang galt die Devise von Franklin D. Roosevelt: "Er ist ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn." Vor allem im Kalten Krieg war den USA jeder Diktator willkommen, solange er den Kommunismus bekämpfte. Auch europäische Staaten waren bereit, mit widerlichen Regimen Geschäfte zu machen – einschließlich legaler und illegaler Waffenexporte.

Doch seit 1990 ist in diesem Punkt die Sensibilität im Westen gestiegen. Immer noch spielen politische und wirtschaftliche Interessen in der Außenpolitik eine zentrale Rolle. Aber kein amerikanischer Präsident oder europäischer Regierungschef traut sich, Missstände und Repression in Partnerstaaten völlig zu ignorieren. Schließlich sehen sich die USA – zumindest bis Trump – und die EU als Vorkämpfer für einen universellen Humanismus und Demokratie.

Erzwungener Regimewechsel

Ob eine von Moral gelenkte Außenpolitik immer klug ist, bleibt dahingestellt. Öffentliche Rügen prallen an autoritären Herrschern meist spurlos ab. Ein von außen erzwungener Regimewechsel wiederum führt oft zu noch schlimmeren Zuständen, siehe 2003 im Irak oder 2011 in Libyen. Wirtschaftssanktionen gegen repressive Regime treffen meist jene Menschen am härtesten, denen man eigentlich helfen möchte. Und es gibt kaum Beispiele dafür, dass sich ein Land zum Besseren wandelte, weil es international isoliert wurde – im Gegenteil. China ist durch die Einbindung in den Welthandel nicht demokratischer geworden, aber seine Bürger haben dadurch ein viel besseres Leben.

Und dann kommen vor allem in den USA geopolitische Überlegungen hinzu, auch im Falle Saudi-Arabiens. Das Land war bereits vor MbS ein Hort der Unmenschlichkeit, gleichzeitig aber ein Garant für eine sichere Ölversorgung und regionale Stabilität. Trump spricht zwar vor allem von den Waffen, die er den Saudis um viele Milliarden verkaufen will, aber für seine Berater ist die saudische Rolle als politischer Verbündeter, vor allem gegen den Erzfeind Iran, viel wichtiger.

Allerdings ist Saudi-Arabien schon seit 40 Jahren ein Exporteur eines gefährlichen Radikalismus und ist unter MbS vom regionalen Stabilitäts- zum Risikofaktor geworden – siehe den brutalen Krieg im Jemen und den absurden Konflikt mit Katar. Das so wertvolle Bündnis mit den Saudis ist für die USA auch eine politische Bürde.

Auf die Frage "Realismus oder Moralismus?" gibt es keine simple Antwort; weder Interessen noch Werte können eine Außenpolitik allein leiten. Aber die Politik sollte nie aus Opportunismus Fakten verdrehen und Überzeugungen preisgeben. Das gilt auch für Österreich, das mit Russland ruhig seine Geschäfte machen kann, aber Wladimir Putins böse Herrschaft nicht schönreden sollte. Und wenn Trump das Märchen akzeptiert, dass der Kronprinz nichts mit Khashoggis Tod zu tun hat, dann stärkt er ihn im eigenen Land und trägt dazu bei, dass Saudi-Arabien ein Problemfall bleibt. (Eric Frey, 19.10.2018)