Zeit der Ernte: Nur ein kleiner Teil dessen, was Konsumenten für Äpfel bezahlen, landet bei den Produzenten.

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Mit einem klassischen Einzelhändler will Spar-Chef Gerhard Drexel nichts gemein haben. Lieber nennt er sich Markenmanager und beruft sich dabei auf 900 Produkte, die sein Konzern innerhalb nur eines Jahres entwickelte. Drexel wird nicht müde zu betonen, dass Innovationen weniger von Produzenten als vom Handel vorangetrieben würden. Dies freilich lassen Industrie und kleinere Hersteller nicht auf sich sitzen. Den Rücken stärkt ihnen die EU, die unlauteren Handelspraktiken den Kampf ansagt.

Einen Vorstoß wagen nun etwa steirische Bauern. Sie werfen Supermärkten krasse Widersprüche vor: Zum einen würden Landwirten höchste Auflagen aufgezwungen, etwa rund um Tierschutz, beklagt ÖVP-Landesrat Hans Seitinger. Zum anderen verkaufe dann der Handel ihr Schweinefleisch mit Rabatten von bis zu 50 Prozent.

Wenig landet beim Erzeuger

Allein 15 Prozent des Preises für ein Wiener Schnitzel im Lebensmittelhandel komme beim Landwirt an, sagt Maria Pein, Vizepräsidentin der steirischen Landwirtschaftskammer. Bei den Äpfeln sei es nicht viel anders. Maximal 15 Prozent des Verkaufspreises konventioneller Äpfel landen beim Erzeuger. Im Biobereich ist es Experten zufolge gut ein Drittel. Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher pocht auf Gespräche mit Handelsmanagern an Ort und Stelle auf Bauernhöfen: Über die aus seiner Sicht horrenden Listungsgebühren gehöre da ebenso diskutiert wie über einseitige Vertragsänderungen, zu späte Zahlungen und Last-Minute-Stornos. Fordern Supermärkte höhere Qualität über gesetzliche Standards hinaus, müssten sie das entsprechend bezahlen.

Hohe Konzentration

Zu Wort melden sich auch Molkereien. In Österreich sei der Lebensmittelhandel auf wenige große Ketten konzentriert, sagt Helmut Petschar, Chef des Verbands der Milchverarbeiter. Der rapide Ausbau von Eigenmarken stärke die Position des Handels zusätzlich. Bei einzelnen Produktgruppen sprenge der Anteil seiner eigenen Labels bereits die 50-Prozent-Grenze. Quer über alle Lebensmittelbereiche liegt er bei 30 Prozent, wobei die Industrie den Plafond nicht erreicht sieht. Keiner wolle ein Verbot höherer Qualität für Eigenmarken, meint Petschar. Mehrleistung müsse jedoch abgegolten werden. Höchste Standards spiele es eben nicht zu Weltmarktpreisen.

Supermärkte verweisen in der Debatte gern auf ihre mageren Gewinnmargen von einem bis drei Prozent, während ihre Lieferanten bis zu 30 Prozent aufwiesen. Was die Rechnung jedoch außer acht lässt, sind völlige diverse Geschäftsmodelle und Kostenstrukturen. (Verena Kainrath, 21.10.2018)