Weimar/Gera – 27 Jahre nach der Tötung eines Mädchens aus Weimar soll in der ostdeutschen Stadt Gera der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter beginnen. Der 66-Jährige steht ab Dienstag vor dem Landgericht. Er wurde im März festgenommen – nach intensiven Ermittlungen der mit ungeklärten Kindermorden aus den 1990er-Jahren im Jenaer Raum befassten Sonderkommission "Altfälle".

Bisher sind zwölf Verhandlungstermine bis Mitte Jänner geplant. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Deutschen vor, die Zehnjährige Ende August 1991 von der Teufelstalbrücke der Autobahn 4, etwa 20 Kilometer östlich von Jena, gestoßen zu haben. Zuvor soll er das Kind aus dem Weimarer Goethepark herausgelockt haben, um sich an ihm zu vergehen. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Mord aus, mit dem der Angeklagte den Missbrauch vertuschen und einer Strafverfolgung entgehen wollte.

Geständnis nach der Festnahme

Der Mann, der ursprünglich aus dem Raum Weimar stammt, sitzt seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft. Er ist wegen Missbrauchs von Kindern vorbestraft. Als ein Spezialeinsatzkommando seine Wohnung in Berlin stürmte, soll er Polizisten mit einer Eisenstange angegriffen haben.

Auf einer Pressekonferenz einige Tage später nannte die Polizei Details zur Ermittlungsarbeit. Demnach gestand der Angeklagte die Tötung des Mädchens bei einer ersten Vernehmung unmittelbar nach seiner Festnahme.

Erkenntnisse durch Genanalyse

Dass es so viele Jahre nach einer Tat noch zu einem Prozess komme, sei bisher eine Seltenheit, sagte Gerichtssprecherin Silke Hollandmoritz – auch wenn Mord nicht verjähre. Sie vermutet angesichts moderner Untersuchungsmöglichkeiten, dass es künftig häufiger dazu kommen werde.

Die heutigen Möglichkeiten führten auch die Ermittler der Soko "Altfälle" zum Erfolg. Auf den mutmaßlichen Mörder kamen sie durch neue Methoden der Genanalyse und moderne Computertechnik. Die Soko wurde 2016 eingesetzt, nachdem am Fundort einer Kinderleiche in Franken eine DNA-Spur des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt entdeckt worden war. Diese erwies sich jedoch als eine Verunreinigung bei der Spurensicherung. (APA, dpa, 21.10.2018)