München/Bagdad – Siemens und sein US-Rivale General Electric teilen sich offenbar Großaufträge zum Ausbau der Energieversorgung im Irak. Beide Firmen gaben am Sonntag bekannt, sie hätten mit dem irakischen Energieministerium Vorverträge über Großprojekte unterzeichnet.

Siemens-Chef Joe Kaeser twitterte am Sonntag, man habe eine richtungweisende Absichtserklärung unterzeichnet und wolle auf den Gebieten Energieversorgung, Gesundheit und Ausbildung zusammenarbeiten. Siemens werde im Irak elf Gigawatt an zusätzlichen Kraftwerkskapazitäten aufbauen. GE gab ebenfalls am Sonntag eine Vereinbarung mit dem Ministerium bekannt, nach der der US-Konzern in dem Land bis zu 14 Gigawatt Stromerzeugung aufbauen werde.

Wiederaufbau der Energieinfrastruktur

Kaeser und der irakische Elektrizitätsminister Kasim al-Fahdawi unterzeichneten eine Absichtserklärung für den Wiederaufbau der Energieinfrastruktur in dem Land, wie Siemens und das Ministerium am Sonntag mitteilten. Mit GE wurde eine ähnliche Absichtserklärung unterzeichnet, wie das irakische Elektrizitätsministerium mitteilte.

Eine mit den Verhandlungen vertraute Person sagte der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad, die Absichtserklärungen für den potenziellen Milliardendeal seien nicht bindend. Noch sei nichts entschieden und alle Gespräche könnten auch in letzter Minute platzen.

Der Wert der Aufträge wurde nicht genannt. In den vergangenen Tagen war spekuliert worden, Siemens könne nach einer Intervention der US-Regierung zugunsten von GE bei dem Milliardenprojekt leer ausgehen. Die "Financial Times" hatte am Mittwoch unter Berufung auf Insider berichtet, die USA hätten Druck auf die Regierung in Bagdad ausgeübt. Siemens hatte angeboten, in den nächsten vier Jahren im Irak Kraftwerke mit einer Leistung von elf Gigawatt zu bauen. Dabei war ein Auftragsvolumen von rund elf Milliarden Euro genannt worden.

"Druck aus den USA"

Ein Vertreter des Energieministeriums in Bagdad bestätigte am Sonntag, dass die USA auf die Auftragsvergabe Einfluss genommen hätten. Es hätten Angebote von beiden Firmen vorgelegen, sagte er: "Der Druck der Amerikaner war heftig."

Die deutsche Regierung wiederum unterstützte Siemens beim Bemühen um den Großauftrag. Kaeser wurde in Bagdad vom parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Bareiß (CDU) begleitet. Am Sonntag begrüßte Bareiß die Unterzeichnung der Absichtserklärung. Die Bundesregierung "unterstützt diesen langfristigen Prozess", erklärte er. Das Siemens-Konzept sei "sehr überzeugend". Um den Münchnern einen Vorteil zu verschaffen, soll sich laut "Handelsblatt" sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeschaltet haben. Sie habe dafür den irakischen Ministerpräsidenten Haider al-Abadi angerufen.

Allerdings ist al-Abadi nicht mehr lange im Amt. Der neue irakische Präsident Barham Saleh hatte Anfang Oktober den unabhängigen Politiker Adel Abdel Mahdi mit der Regierungsbildung beauftragt, die seit den Parlamentswahlen im Mai stockte.

Der Irak soll im Zuge des Wiederaufbaus nach den immensen Kriegszerstörungen verlässlich elektrifiziert werden. Der Vorschlag von Siemens sieht vor, binnen vier Jahren die Stromversorgung von 23 Millionen Irakern sicherzustellen. Dafür will der Konzern Energieerzeugungskapazitäten von elf Gigawatt aufbauen. Iraks Stromerzeugung würde dadurch um fast 50 Prozent steigen. Außerdem sollen mehrere zehntausend Arbeitsplätze entstehen. (APA, dpa, 21.10.2018)