Früher, als alles besser war, da war das Leben noch aufregend (vor allem für uns Männer). In der Steinzeit schwangen wir uns an Lianen durch den Urwald, verpassten den Dinos Keulenschläge und hauten am Abend einen selbsterlegten Archaeopteryx in die Pfanne. Fantastische Zeiten!

Dann kam die Zivilisation, und es wurde fad. Vollklimatisierung und Zentralheizung rund um die Uhr. Essen holen wir nicht aus dem Urwald, sondern aus dem Eisschrank, notfalls um drei Uhr nachts, um gefahrlos den kleinen Hunger zu stillen. Von Abenteuer keine Rede mehr. Was ist schon ein Magerjoghurt gegen einen Archaeopteryx!

Dann kam das Digitalzeitalter, und alles wurde noch viel fader. Drei Viertel der Menschheit schauen den ganzen Tag auf Bildschirmvierecke und genießen Lustbarkeiten sonder Zahl. Nur manchmal schwant uns insgeheim, welch Überdruss sich im Überfluss verbirgt.

Fadesse ist ein grauenhaftes Gefühl. Aus Verzweiflung darüber tun die Menschen alles: Sie mutieren zu Internettrollen, verbreiten Fake-News oder wählen die FPÖ, auf dass uns die blauen Polithysteriker konstant suggerieren, in welchem Dschungel wir leben: messerstechende Ausländer, schmarotzende Mindestsicherungsbezieher, ein ungestillter Polizeipferdbedarf und Terror tagaus, tagein. Dagegen war der Steinzeiturwald ein Erholungsheim. Unfassbar gefährlich ist es – aber wenigstens nicht fad. (Christoph Winder, 22.10.2018)