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Donald Trump spricht immer wieder von nuklearer Wiederaufrüstung.

Foto: REUTERS/Jonathan Ernst

Das Abrüstungsabkommen über atomare Mittelstreckenraketen INF aus dem Jahr 1987 ist einer der großen diplomatischen Erfolge zwischen den USA und der Sowjetunion der Gorbatschow-Ära – und gleichzeitig ein Vertrag, der nach Meinung vieler nur noch auf dem Papier besteht. Washington und Moskau werfen einander seit Jahren Verstöße vor, und auch in Europa wird die Sorge geteilt, dass Wladimir Putins Russland an einer neuen Generation von Raketen arbeitet, die europäische Ziele treffen könnten. Dazu kommt die Atomaufrüstung Chinas, das kein Vertragspartner ist und auch nicht werden will.

Es kommt daher nicht überraschend, dass US-Präsident Donald Trump und sein Sicherheitsberater John Bolton den formalen Ausstieg aus dem INF-Abkommen planen. Sollte die Drohung nur Verhandlungstaktik sein, um Russland zu Zugeständnissen zu zwingen, wäre es vielleicht klug. Doch zwischen Washington und Moskau fehlt die Vertrauensgrundlage für konstruktive Gespräche. Und mit Bolton, der alle internationalen Verträge vehement ablehnt, ist ein verbessertes Abkommen kaum vorstellbar.

Wiederaufrüstung

Die Ankündigung ist daher ein bedrohlicher Schritt in Richtung eines neuen atomaren Wettrüstens. Im US-Verteidigungsbudget für 2019 ist bereits die Entwicklung neuer Mittelstreckenraketen vorgesehen. Trump spricht immer wieder von nuklearer Wiederaufrüstung und lehnt die Vision seines Vorgängers Barack Obama von einer atomwaffenfreien Welt ab. Und auch in Moskau scheint man an Gedankenspielen über die Nutzung von Nuklearwaffen als politisches Instrument Gefallen zu finden. Schließlich ist es nur noch sein großes Atomarsenal, das Russland tatsächlich zur Weltmacht macht.

Noch haben die USA nichts beschlossen. Boltons Besuch in Moskau könnte eine Entscheidung zumindest hinausschieben – und Druck der europäischen Verbündeten der Trump-Regierung vielleicht klarmachen, dass ihr ein endgültiger Vertragsausstieg strategisch nichts nützt.

Aber nachdem der noch in den 1980er-Jahren so präsente Albtraum von einem atomaren Weltkrieg in jüngster Zeit gegenüber anderen globalen Bedrohungen wie dem Klimawandel in den Hintergrund gerückt ist, scheint es nun, als ob die Entscheidungsträger in den Atommächten vergessen hätten, wie brandgefährlich diese Waffen sind. Dass ihr Einsatz überhaupt wieder denkbar wird, ist das Schlimmste an der jüngsten Entwicklung. (Eric Frey, 22.10.2018)