Bild nicht mehr verfügbar.

Luigi Di Maio, Giuseppe Conte und Matteo Salvini wollen noch nicht aufgeben.

Foto: REUTERS/Remo Casilli

Rom/Brüssel – Die EU-Kommission lehnt den von Italien präsentierten Haushaltsplan für 2019 offiziell ab. Der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis erklärte am Dienstag in Straßburg, es gebe keine Alternative zu dieser Maßnahme. Eine Aushöhlung des Vertrauens würde alle Staaten und die EU beschädigen.

Die italienischen Behörden hätten nun drei Wochen Zeit, ihr Budget zu revidieren, Italien verstoße gegen bereits eingegangene Zusagen. Dombrovskis gab zu bedenken, dass "auf den ersten Blick die Versuchung da sein könnte, man könnte das Gefühl erhalten, sich praktisch von den Fesseln zu befreien und den Schuldenberg aufzustocken. Aber irgendwann wird die Schuld zu groß." Letztlich habe man dann überhaupt keine Freiheiten mehr. Daher habe sich die Kommission darauf verständigt, die Schulden zu beschränken.

Zweithöchster Schuldenbetrag

2017 habe Italien mit 131,2 Prozent des BIP den zweithöchsten Schuldenberg der EU gehabt. Auf jeden Italiener seien 37.000 Euro Schulden gekommen. Insgesamt sei für den Schuldendienst die gleiche Höhe aufgebracht worden wie für den Bildungssektor. "Die Erfahrung zeigt immer wieder, dass höhere Haushaltsschulden kein nachhaltiges Wachstum fördern", so Dombrovskis.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici erklärte, er bedauere wie das Kollegium, dass man diesen Beschluss getroffen habe. Aber "das wird niemand überraschen".

Premier Conte zu Ausgabenkürzungen bereit

Die italienische Regierung ist bereit, "wenn notwendig" die geplanten Ausgaben im Haushaltsentwurf 2019 zu kürzen. Das betonte der italienische Premier Giuseppe Conte in einem Interview mit der US-Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag, bevor die offizielle Bestätigung von der Kommission kam.

Die im Haushaltsplan angegebene Defizitschwelle von 2,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts sei eine Höchstgrenze. Wenn notwendig, könne das Defizit mit Ausgabenkürzungen auch geringer ausfallen, versicherte Conte. Substanzielle Änderungen im Haushaltsentwurf werde Italien allerdings nicht durchführen.

Salvini und Di Maio kompromisslos

Viel kompromissloser zeigte sich Italiens Vizepremier und Innenminister Matteo Salvini. "Brüssel attackiert nicht eine Regierung, sondern ein Volk", sagte er bei einem Besuch in Bukarest. Damit drohe die Popularität der EU noch mehr zu sinken, die in Italien bereits ein historisches Tief erreicht habe.

Salvini hatte sich schon Dienstagfrüh überzeugt gezeigt, dass die Kommission Italiens Budgetplan für 2019 ablehnen werde. "Die Ablehnung des Haushaltsplans ist nahezu sicher. Wenn man jedoch überzeugt ist von dem, was man tut, wie wir es sind, macht man weiter", sagte der Chef der rechten Regierungspartei Lega. Er gab sich überzeugt, dass die im Budgetplan enthaltenen Maßnahmen das Wirtschaftswachstum ankurbeln werden.

Die seit Juni amtierende Regierung in Rom aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der fremdenfeindlichen Lega hat im Wahlkampf versprochen, die Sparpolitik zu beenden, und plant nun deutlich steigende Ausgaben. Sie plant unter anderem die Einführung eines Grundeinkommens, Erleichterungen beim Pensionsantritt sowie eine Amnestie für Steuersünder.

Kalkulierte Eskalation

Auch sein Koalitionspartner und Vizepremier Luigi Di Maio, Anführer der Fünf-Sterne-Bewegung, hatte sich daher kaum beeindruckt gezeigt. Er hat ausgeschlossen, dass die Regierung in Rom in Sachen Haushaltsentwurf von ihrer Linie abweichen könnten. "Wir wissen, dass wir der letzte Damm zum Schutz der sozialen Rechte der Italiener sind. Daher werden wir die Italiener nicht enttäuschen", so Di Maio auf Facebook.

Die Populisten kalkulieren eine Eskalation im Verhältnis mit Brüssel bewusst ein – denn sie können angesichts der europaskeptischen Stimmung im Land nur profitieren: Kommt die Regierung in Brüssel mit ihrer Schuldenwirtschaft durch, kann sie sich als Heldin aufspielen, die endlich das Joch der EU-Technokraten abgeworfen hat. Eröffnet die EU gegen Rom dagegen ein Defizitverfahren – es droht eine Geldstrafe von bis zu 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung (3,4 Milliarden Euro) –, können sie sich als Märtyrer gebärden.

Eurorettungsschirm

Dienstagfrüh hatte sich auch der Chef des Eurorettungsschirms ESM zu Wort gemeldet. Der Budgetplan stelle ein Risiko dar, sagte Klaus Regling: "Wir sind besorgt wegen Italien." Die Entwicklung sei aber kein Grund zur Panik, da die Gefahr der Ansteckung anderer europäischer Länder bis jetzt "sehr begrenzt" sei. Das Schuldenproblem Italiens sei anders als etwa das von Griechenland. (mesc, straub, APA, Reuters, 23.10.2018)