Momentaufnahmen der Simulation von 120 Millionen Teilchen zweier zusammenwachsender Zwerggalaxien, die jeweils ein Schwarzes Loch enthalten und zwischen 6 und 7,5 Milliarden Jahre alt sind.

Grafik: UZH

Zürich – Am 14. September 2015 gelang mithilfe der beiden Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatories (Ligo) in Livingston, Louisiana, und Hanford, Washington, der erste direkte Nachweis von Gravitationswellen, ausgelöst von der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher. Für diesen bahnbrechenden Erfolg wurden die drei US-Physiker Kip Thorne, Rainer Weiss und Barry Barish im vergangenen Jahr mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Das Grundprinzip der Ligo-Anlagen basiert auf einem Laserstrahl, der in Teilstrahlen aufgespaltet und in zwei kilometerlange Röhren geleitet wird, die in rechtem Winkel zueinander stehen. Verzerren Gravitationswellen die Raumzeit, kommt es zu Variationen der von Spiegeln reflektierten Laserstrahlen, die sich messen lassen.

Gigantisches Dreieck im All

Mit einem ähnlichen Versuchsaufbau wollen Wissenschafter in einigen Jahren auch vom Weltraum aus nach den Gravitationswellen suchen: Der geplante riesige Laser-Interferometer Space Antenna (Lisa) besteht aus drei Satelliten, die gemeinsam die Eckpunkte eines gleichseitigen Dreiecks mit 2,5 Millionen Kilometern Seitenlänge bilden und ab den 2030er-Jahren die Sonne umkreisen sollen. Das gigantische Messgerät könnte möglicherweise sogar mehr als nur Gravitationswellen erfassen: Internationale Forscher haben nun nachgewiesen, dass sich mit Lisa womöglich auch das Mysterium der Dunklen Materie ergründen lässt.

Bisherige Berechnungen gehen davon aus, dass die Dunkle Materie etwa 85 Prozent der gesamten Struktur des Universums ausmachen. Einige Theorien vermuten bisher unentdeckte Partikel hinter dem Phänomen, das sich nur durch ihre Gravitation bemerkbar macht. Besonders gut nachweisbar ist die Schwerkraftwirkung der Dunklen Materie bei rotierenden Zwerggalaxien, die ohne die ominöse Substanz einfach auseinander fliegen würden. Diese kleinen, nicht sehr hell leuchtenden Galaxien kommen im Universum am häufigsten vor. Das macht sie für Astrophysiker zu natürlichen Labors für die Erforschung der schwer fassbaren Dunklen Materie.

Verblüffender Zusammenhang

Wie die Wissenschafter um Lucio Mayer von der Universität Zürich nun in den "Astrophysical Journal Letters" berichten, lieferten hochauflösenden Computersimulationen überraschende Ergebnisse zur Geburt von solchen Zwerggalaxien. Das Zürcher Forscherteam berechnete das Zusammenspiel von Dunkler Materie, Sternen und den zentralen Schwarzen Löchern innerhalb der Galaxien und entdeckte einen starken Zusammenhang: Je mehr Schwarze Löcher miteinander fusionieren, desto größer ist die Menge an Dunkler Materie im Zentrum der Zwerggalaxien. Die Gravitationswellen, die von diesen verschmelzenden Löchern ausgesendet werden, könnten daher auch Hinweise auf die Beschaffenheit der hypothetischen Partikel der Dunklen Materie geben.

Diese neu gefundene Verbindung zwischen Schwarzen Löchern und Dunkler Materie wurde nun erstmals mathematisch beschrieben. Dies sei kein Zufallstreffer, betont Mayer: "Dunkle Materie ist charakteristisch für Zwerggalaxien. Wir vermuteten daher schon lange, dass Dunkle Materie auch einen wichtigen Einfluss auf die Zusammensetzung des Kosmos hat."

Die Studie komme zu einem Zeitpunkt, zu dem die Vorbereitungen für das endgültige Design der Gravitationswellenjägerin Lisa in vollem Gange seien, berichten die Forscher. Der zusätzliche Nutzen der Gravitationswellenbeobachtung zeige demnach, wie Lisa Kosmologie und Teilchenphysik verbinden könnte, also das unglaublich Große und das unfassbar Kleine. (red, 24.10.208)