Vor einigen Jahren sorgten Indie-Spiele für eine Renaissance im Horrorspielsektor: Während die großen AAA-Horrorserien wie Resident Evil und Dead Space zunehmend auf Shooter-Action setzten, nahmen kleine Experimente wie Slender und Indie-Perlen wie Amnesia – The Dark Descent ihren Spielerinnen und Spielern alle Verteidigungsmittel weg und setzten auf Weglaufen und Verstecken als gruselige Gameplay-Elemente.

Spätestens mit Alien: Isolation war diese spielerische Neuausrichtung des Horrorgenres auch im Mainstream angekommen – ein Beispiel für die Innovationskraft, die vom Indie-Bereich auf die große Branche zurückstrahlt.

Auch abseits der genannten Indie-Horrorklassiker haben kleine und kleinste Entwickler der unabhängigen Studios für große Gänsehaut gesorgt. Hier sind zehn Indie-Spiele, die auf nicht alltägliche Art und Weise das Fürchten lehren.

"Stories Untold" (Windows und macOS, 9,99 Euro)

Dass auch das altehrwürdige Textadventure noch viel Horrorpotenzial birgt, beweist das großartige Stories Untold. In vier Episoden erzählt das innovative, in seiner Achtziger-VHS-Ästhetik nicht zufällig an Stranger Things erinnernde Games-Experiment von ganz unterschiedlichen Grusel- und Schockmomenten und belebt dabei das gute, alte Spiel per Texteingabe aufs Unterhaltsamste.

Stories Untold ist ein Horrorspiel wie kaum ein anderes und nicht nur für Kenner und Freunde des längst untergegangenen Textadventures absolut eine Empfehlung wert.

GOG.com

"Knock-knock" (Windows, macOS, iOS, Android, PS4 und Switch)

Auch das auf den ersten Blick niedliche Knock-knock ist ein nicht zu unterschätzendes Gänsehautspiel, denn die russischen Entwickler, bekannt als Macher des Kultspiels Pathologic, spielen auf absolut gelungene Art und Weise mit Erwartungshaltung und Metaebenen.

Als Cartoon-Eremit in einem sich ständig verändernden Haus im dunklen Wald ist man nicht nur mit unzähligen, teils recht verstörenden surrealen Poltergeistern beschäftigt, sondern auch mit dem Schrecken, der sich im Code selbst versteckt – angeblich, so die Legende, ist das Spiel den Entwicklern ja auf ganz unheimliche Art und Weise zugetragen worden. Ein Gruselspaß der ungewöhnlichen Art.

Gamezebo

"Lone Survivor" (Windows, macOS, Linux, PS3, PS4, PS Vita und Wii U)

Nicht von der pixeligen Grafik täuschen lassen: Lone Survivor ist ein wahrer Klassiker des psychologischen Survival Horrors und in Indie-Kreisen fast ebenso kultig wie die Silent Hill-Serie, von der es seine düstere Inspiration nimmt. Als einsamer Überlebender in einer albtraumhaften Apokalypse verschwimmen Realität und Horror, bis die Grenzen nicht mehr auszumachen sind.

2012 erschienen, war Lone Survivor ein kleiner Indie-Hit; mit dem Director's Cut gibt es die ultimative Version dieses kleinen, verstörend atmosphärischen Spiels.

Jasper Byrne

"Paratopic" (Windows, macOS und Linux)

Noch ein Stück surrealer ist das vor kurzem erschienene Paratopic. In diesem narrativen Horrorexperiment erzählen harte Schnitte in lose zusammenhängenden Szenen eine düstere, andeutungsstarke Geschichte irgendwo zwischen albtraumhaftem Horror und verrätseltem Thriller, wie sie auch David Lynch gefallen würde.

Gameplay gibt es hier kaum, stattdessen verbreitet das Spiel im absichtlich pixeligen Low-Poly-Look eine verstörende Atmosphäre, die sich in knapp 45 Minuten zu einem beeindruckenden kleinen Horrortrip verdichtet. Perfektes Halloween-Futter für Freunde narrativer Experimente.

SEMISOFT

"Inside" (PS4, Xbox One, Switch, Windows, macOS, Linux, iOS und Android)

Inside, das zweite Spiel der dänischen Macher des gefeierten Limbo, darf in dieser Liste nicht fehlen. Der stylisch monochrome und hinreißend animierte Sidescroller erzählt ganz ohne Worte eine Geschichte, deren Horror noch lange nach dem Laufen des Abspanns nachhallt; ein verstörendes, absolut bemerkenswertes Abenteuer, das sich auch zum Vorzeigen im Horror-interessierten Freundeskreis hervorragend anbietet.

Großartiger Style, innovatives Sounddesign, bei dem ein menschlicher Totenschädel Verwendung fand, und ein Ende, das man sich merkt: Inside ist jetzt schon ein moderner Indie-Horrorklassiker.

IGN

"Duskers" (Windows, macOS und Linux)

Science-Fiction und Horror, das passt zusammen – umso mehr, wenn der Horror tatsächlich durch die Linse der Technologie aus dem Bildschirm zurückstarrt. In Duskers steuern Spielerinnen und Spieler unterschiedlich ausgerüstete Hightech-Drohnen durch scheinbar verlassene Raumschiffwracks, und das – the horror – mittels Tastaturkommandos.

Die altertümliche Steuerung geht schnell in Fleisch und Blut über, doch die jedes Mal prozedural generierten Herausforderungen und Schrecken, die in den Weltraumruinen lauern, sorgen für Adrenalin und so manchen Schreckmoment, und das, obwohl außer neongrün leuchtenden Symbolen auf den Bildschirmen nichts zu sehen ist. Große Horrorkunst mit Angstschweißgarantie.

GameSpot Trailers

"Five Nights at Freddy's" (PC)

Die Horrorspielserie Five Nights at Freddy's, von Millionen Fans liebevoll FNaF abgekürzt, ist ein unfassbares Phänomen, das dem GameStandard bereits einen Artikel wert war. In dem Point-&-Click-Managementspiel und seinen Fortsetzungen gilt es, in wandelnden Locations den Ansturm unheimlicher Monsterpuppen zu überleben; Jump-Scares und Schockmomente gehören zum Konzept.

Das von unzähligen Youtubern und Streamern populär gemachte simple Horrorspiel mit den unheimlichen Puppen ist längst Kult – nach den Spielen und Büchern ist nun ein Film in Entstehung. Ob der mehr bieten wird als simple, aber effektive Schreckmomente? Falls nicht, kann man am besten gleich beim Spiel bleiben.

IGN

"Observer" (PS4, Xbox One, Windows, macOS und Linux)

Den polnischen Machern des ebenfalls gruseligen Layers of Fear ist mit ihrem Cyberpunk-Horrorspiel Observer ein atmosphärisch und inszenatorisch beeindruckender Höllentrip gelungen, der sogar mit Hollywood-Prominenz aufwartet: Rutger Hauer himself spielt die Hauptrolle in diesem psychedelischen Science-Fiction-Thriller, der einen Serienkiller-Plot mit surrealen Visionen verbindet.

Ein atmosphärisches First-Person-Abenteuer, das Walking Simulator mit Stealth-, Puzzle- und Adventureelementen kombiniert – effektvoll inszeniert und immer wieder für Gänsehaut gut.

Aspyr Media

"Pony Island" (Windows, macOS und Linux)

Horror, der sich ständig nur ernst nimmt, wirkt im schlimmsten Fall selbst albern – und nicht nur Fans der Evil Dead-Reihe wissen, dass Schrecken und Lachen auch gut zusammenpassen. Im Fall von Pony Island gesellt sich noch helle Freude über die Originalität dieses Unikats dazu, das durchaus seinen Platz in dieser Liste verdient hat.

Hinter der Fassade des niedlichen Ponyspiels verbirgt sich nämlich ein beeindruckend hinterfotziger Abgrund, der auch vor Psychospielchen mit seinem Publikum nicht zurückschreckt und bis zum Schluss hervorragend unterhält. Dämonen, ewige Verdammnis und eine gehörige Portion schwarzer Humor machen Pony Island zum Geheimtipp für die Indie-Horror-Party.

Daniel Mullins

"Darkwood" (Windows, macOS und Linux)

Das Überleben in diesem surreal-unheimlichen Wald hingegen ist blutiger Ernst – und ein wirkliches Horrorerlebnis. In Top-down-Perspektive stellt sich die unheimliche Welt von Darkwood besonders bei Einbruch der Nacht als wahrer Höllentrip heraus, in dem sich subtiles Grauen und handfester Schrecken zu nackter Panik verbinden.

Die polnischen Entwickler haben bei Erscheinen ihres Spiels mit einem Appell gegen Key-Reseller für Aufmerksamkeit gesorgt, ihr Spiel ist aber den ohnehin niedrigen Preis auf jeden Fall wert: Gruseliger war's in kaum einem Spielwald. (Rainer Sigl, 1.11.2018)

AcidWizardStudio