Wien – Du willst rückwärts schieben? "ZAAACK!", stünde in einem Comic jetzt als Kommentarblase – dein persönlicher Rückfahrassistent veranlasst eine Vollbremsung. Denn schon ist er da, der Verfolger. Der X4 hat die Gefahr erkannt und gebannt. Nur: Was oder wer wurde da erkannt?

Gleiche Situation beim Querparken: Vollbremsung, der weißblaue Ami (außer X1 und X2 kommen alle "X" aus Spartanburg) lässt dich keinen Schritt mehr zurücksetzen, im Mitteldisplay taucht ein virtuelles Auto auf, die Sensorik hält es wohl für das wahre Leben. Und so dauert er einen 14-Tages-Testzyklus lang, der zähe Kampf mit dem virtuellen Verfolger.

Design? Typischer Fall von Stierwaschereleganz, könnte man sagen. Der Kundschaft taugt's.
Foto: Andreas Stockinger

So etwas verheißt nichts Gutes für die autonome Mobilitätszukunft. Ähnlich wie beim Fahren mit adaptivem Tempomat. Gesetzt sei eine Links-rechts- oder Rechts-links-Kurvenkombination mit rechts und links parkenden Autos. Jede Wette, Ihr Wagen bremst resolut, bevor Sie in die Gegenrichtung eingeschlagen haben, weil die elektronische Umfeldbeobachtung meint, Sie führen auf eine stehende Autokolonne auf?

Beobachtungen dieser Art häufen sich in praktisch jedem Auto, je näher wir der Verheißung des vollautonomen Fahrens kommen.

Das Cockpit des X4.
Foto: Andreas Stockinger

Oder der Verkehrszeichendetektor. Im Testwagen warnt er akustisch und optisch, wenn er meint, man könne eine Stopptafel übersehen haben. Verdienstvoll, ehrlich. Nervig, aber löblich. Andererseits ist es ganz allgemein ein Glücksspiel, ob die aktuell vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit richtig erkannt wird.

Generation zwei

Und damit zum X4 als solchem. Wo andere noch an ihren ersten SUV-Coupés basteln, schickt Segmenterfinder BMW schon die zweite Generation ins Rennen. Da der Wagen spürbar gewachsen ist, um 81 mm in der Länge zum Beispiel, auf jetzt 4,75 Meter, und beim Komfortmaß Radstand um 54 mm auf 2,86, sind die Platzverhältnisse, inklusive Kofferraum, deutlich großzügiger als bisher. Richtig üppig ist die Kopffreiheit hinten aber immer noch nicht, das ist der Coupélinie geschuldet und stört die Kundschaft ohnehin nicht. Sonst wäre kaum verständlich, warum sich der erste X4 in nur vier Jahren Bauzeit rund um die Welt 200.000-mal verkaufte.

Die Coupélinie geht zu Lasten der Kopffreiheit hinten.
Foto: Andreas Stockinger

Trotz neuer Gardemaße hat der X4 50 Kilo weniger Speck auf den Hüften, auch das erklärt die noch einmal gesteigerten Fähigkeiten im Fahrkapitel, aber das ist BMW sich ohnehin selbst schuldig, und damit sind wir beim Motor. 30i steht drauf am Testwagen. Man ist immer noch erstaunt, wenn dann kein Dreiliterreihensechser unter der Haube werkt. Hier hat ein Zweiliter-Twinscroll-Turbo-Vierzylinder das Sagen, er sagt auch plausibel an bei der Kraftentfaltung, weniger aber beim Klang – das ist ein doch reichlich dünnes, emotionsarmes Stimmchen. Beim Verbrauch wird man mit neun, zehn Litern rechnen müssen; wir kamen auf knapp über zehn.

Minimale Ablenkung

Bediensystem? Etwas Besseres wird man kaum finden. Zumal ja jetzt alle auf das unselige Touch umstellen. Das birgt enormes Ablenkungsrisiko. Eins a bei BMW die Sache mit dem Drehdrückknopf. Auch die Sprachbedienung funktioniert grandios und ist – etwa bei der Navi-Eingabe – an Komfort und Sicherheit unübertroffen: Man behält den Blick auf der Straße. Und was sehen wir da? Keinen Verfolger ... (Andreas Stockinger, 7.11.2018)

Foto: Andreas Stockinger