Das streckenbezogene Mautsystem könnte aus einem Basisbetrag von fünf bis zehn Cent pro Kilometer und diversen Aufschlägen bestehen.

Foto: imago/Roland Mühlanger

Straßburg – Das Europäische Parlament hat am Donnerstag in Straßburg den Vorschlag des Verkehrsausschusses zur Annahme der Richtlinie für eine streckenbezogene Maut angenommen. Nun muss sich der Rat der EU-Verkehrsminister damit befassen, erst dann kann die Richtlinie in Kraft treten. Die österreichischen Abgeordneten hatten sich im Vorfeld vor allem für eine Beibehaltung der Vignette ausgesprochen.

Durch die Richtlinie sollen die unterschiedlichen Mautsysteme der EU-Staaten vereinheitlicht werden. Die Abgabe soll aus einem Basisbetrag von fünf bis zehn Cent pro Kilometer und diversen Aufschlägen bestehen, die vom Straßenbetreibern selbst bestimmt werden können. Möglich wären etwa Abgaben für Umweltschutz oder ein "Stau-Aufschlag" auf besonders belasteten Straßen.

Für Hofer "kein Thema"

Das derzeitige Vignettensystem dürfte Österreichs Autofahrern aber noch länger erhalten bleiben. "Solange ich Verkehrsminister bin, wird das in Österreich kein Thema werden", sagte Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) am Donnerstag.

Die Entscheidung des Parlaments nehme man zur Kenntnis. Mit einer baldigen Umsetzung rechnet Hofer aber nicht, weil dazu die Zustimmung der EU-Länder im EU-Rat fehle. "Dieses Modell wird eher keine Mehrheit finden, wenn man sich umhört", meinte Hofer. Unter Österreichs EU-Ratspräsidentschaft sei eine streckenbezogene Maut auch kein Thema.

Doch wahrscheinlich sind Hofers Sorgen ohnehin unbegründet. Ein Zusammenwirken zweier Abänderungsanträge im EU-Parlament habe dafür gesorgt, dass die Vignette trotz bevorzugter Umstellung auf das sogenannte Road-Pricing bleiben könne, sagen Experten der Volksvertretung. Es habe eine ziemliche Konfusion gegeben, doch nun sei klar: Österreich kann an seinem Autobahnpickerl festhalten.

Wie groß die Verwirrung ist, zeigt sich auch an den Reaktionen. Ehe die genaue Entscheidung durchschaubar war, kam es zu einer geharnischten Wortmeldung der ÖVP-Europaabgeordneten Claudia Schmidt. Das beschlossene Road-Pricing widerspreche massiv dem Subsidiaritätsprinzip. Es sei nicht argumentierbar, dass Pendler künftig zur Kasse gebeten werde. Später sah sich Schmidt zu einer Korrektur veranlasst.

Reaktionen der Europaabgeordneten

Auch die SPÖ-Europaabgeordnete Karoline Graswander-Hainz forderte, "die Vignette muss bleiben". Im Kern gehe es bei der Richtlinie darum, wer wie viel für die Straßennutzung zahle. So müssten Lkws ab 2021 auch für Luftverschmutzung und Lärmbelästigung zahlen, bei den Pkws sei angedacht, ab 2025 die Vignette auslaufen zu lassen und ab 2027 eine kilometerabhängige Maut einzuführen, so Graswander-Hainz. Das mache aber keinen Sinn, "solange es kein europaweites Mautsystem gibt".

Der FPÖ-Europaabgeordnete Georg Mayer meinte, prinzipiell spreche nichts gegen eine kilometerabhängige Maut. Er sei aber dagegen, dass dies auch für Pkws gelten soll, da dies eine erhebliche Verteuerung für Pendler bedeuten würde. "In erster Linie sollte Österreich für den Straßenverkehr zuständig sein, das ist keine EU-Kompetenz", betonte Mayer.

Die Grünen sehen in dem Vorschlag einen Schritt in Richtung Kostenwahrheit. "Lkws in Europa verursachen jährlich Kosten von 143 Milliarden Euro, nur 30 Prozent sind durch Steuern und Mautgebühren gedeckt. Die Kosten für unser Klima und unsere Gesundheit sind dabei noch gar nicht eingerechnet", erklärte der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon. (as, APA, 25.10.2018)