Dieses Auto beantwortet endlich schlüssig eine Frage, die wir uns viel zu selten stellen. Vorn oder hinten einsteigen? Taucht kaum auf, die Frage, gell? Im Taxi ist das klar geregelt, beim Autobus oder im Alltag auch. Aber wer ausnahmsweise einmal in der Einserpanier vor einer langen S-Klasse steht und eine etwas längere Anfahrt hat ...

Für das, was der Mercedes-AMG S 63 an Sportlichkeit, Technik und Komfort bietet, ist er regelrecht unscheinbar.
Foto: Guido Gluschitsch

Genau, die Frage ist ein Luxusproblem für Personen mit Personal. Doch während BMW seine 7er-Kunden, Audi die A8-Besitzer und Jaguar die XF-Lordschaft ratlos um den Wagen tanzen lässt, dürfte diese Frage irgendwann bis zu AMG durchgedrungen sein, und die haben gesagt: "Haben wir gleich, Schriftzüge fürs Heck her."

Steuern oder schlendern

In diesem Wagen sitzt man vorn. Hinter dem Lenkrad. Die nächstbeste Option ist, zu Fuß zu gehen. Hinten gibt es zwar stattlich Platz, für den Fall, dass es einmal notwendig ist. Aber wenn Ihnen hinten leicht schlecht wird, dann denken Sie nicht einmal daran.

Und so sieht er aus, der Platz der Wahl.
Foto: Guido Gluschitsch

Beifahrersitz, ja, das geht. Wenn es sein muss. Da kann man sich vom Massagesitz Körperstellen betasten lassen, die man selbst schon lange nicht mehr berührt hat, während aus den Lüftungsdüsen der dazu passende Duft und aus den Burmester-Trompeten die kombinierende Musik dringt.

Vitalität und Behaglichkeit

Sechs unterschiedliche "Energizing"-Programm finden wir im Wagen, von "Freude" bis "Training", von "Vitalität" bis "Behaglichkeit". Und wenn man sich dann auch noch mit einem entspannten Stöhnen über die beheizbare Mittelarmlehne schlängelt, kann es schon passieren, dass auch dem entspanntesten Typ hinter dem Lenkrad die Nerven reißen und er das Gaspedal durchtritt, bevor die Beifahrerkleber auch noch das edle Holz und Leder am Armaturenträger abschmieren.

Feines Holz und edles Leder ist nichts für Beifahrerkleber
Foto: Guido Gluschitsch

Ehe die Pranken vorn ankommen, stehen über 600 gut gefütterte Pferde bereit und bringen mit der Vehemenz von 900 Newtonmetern den Beifahrer wieder ins Hier und Jetzt. Denn dieser Wagen ist die Automobil gewordene Gier nach Geschwindigkeit und irrer Beschleunigung.

Man beachte das Logo auf der Mittelarmlehne.
Foto: Guido Gluschitsch

Ja, der Vorgänger hatte mehr Hubraum. Aber der neue vier Liter große V8 hat mehr Power. Natürlich hat das neue S-Klasse-Coupé die aktuelle Infotainment-Welt mit dem riesigen Bildschirm-Panel im Armaturenträger und den berührungssensiblen Feldern im Lenkrad, mit denen du durch alle Menüs surfst, als wärst du nicht in einem der edelsten Autos, das in 3,5 Sekunden auf 100 ist.

So sportlich kann eine S-Klasse sein.
Foto: Guido Gluschitsch

Doch das vergisst man leicht in dieser Welt, in welcher der AMG S 63 daheim ist. Denn da zuckelt man entspannt. Cruisen heißt das jetzt. Und man ist sich immer gewahr, dass man jederzeit könnte, wenn man wollte. Bis zum Race-Modus und der Launch-Control ist alles an Board. Haben wir aber nicht ein einziges Mal gebraucht. Wenn der V8 brabbelt, musst du keinem mehr etwas beweisen.

Sogar der Kofferraum ist feiner als in manch anderem Auto der Innenraum.
Foto: Guido Gluschitsch

Aber warum dann dieser Wagen, dieses riesengroße, blunzenschwere Coupé mit so viel Leistung? Es gibt denn Momente, die paar Sekunden, wo keiner schaut, und dann pfeifen wir auf alle Konventionen, das Understatement und sind froh, dass wir in dieses Auto richtig eingestiegen sind. (Guido Gluschitsch, 29.10.2018)

Foto: Guido Gluschitsch