Sobald das Thermometer unter die Null-Grad-Grenze fällt, wird aus allen Schneekanonen geschossen. Ohne geht es nicht mehr, sind sich Kritiker wie Befürworter einig. Ob der enorme Aufwand hingegen noch sinnvoll ist, darüber streiten Seilbahner und Ökologen.

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Ohne Beschneiung ist Skisport, wie wir ihn heute kennen, nicht mehr möglich. Darin sind sich Seilbahner und Ökologen einig. Doch hier enden schon die Übereinstimmungen.

Aufseiten der Wintersportindustrie spricht man von kostenintensiver "technischer Beschneiung", die zum Aufbau einer stabilen Schneepiste unerlässlich sei, wie Erik Wolf, Fachverbandsgeschäftsführer Seilbahn der Wirtschaftskammer, erklärt. Zwischen 120 und 150 Millionen Euro geben Österreichs Skigebiete pro Jahr aus, um gut 70 Prozent der heimischen Pisten zu beschneien.

Aufseiten der Wissenschaft spricht man von "künstlicher Beschneiung". Anders als die Seilbahner hält der Ökologe Christian Newesely von der Universität Innsbruck den Einsatz dieser Technik für nachhaltig schädlich: "Unter der natürlichen Schneedecke kommt es kaum zu Bodenfrost. Unter einer Skipiste hingegen schon. Das führt zu Sauerstoffmangel, da Kunstschnee nur sehr langsam apert." Das Ergebnis sei meist verfaulte Vegetation.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Ressourcenaufwand für die Beschneiung, die Strom und Wasser benötigt. Wobei Wolf betont, dass 90 Prozent der dafür verwendeten Energie aus erneuerbaren Quellen stamme und das Wasser nach dem Abtauen wieder in den Naturkreislauf zurückfließe.

Dieses idyllische Bild sei geschönt, entgegnet der Tiroler Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer. Denn in Sachen Wasserentnahme aus den Fließgewässern stehe die Skiindustrie mittlerweile in Konkurrenz zu Stromkraftwerken: "Die Konsensentnahmemengen werden ständig erhöht." Das lasse Bäche und Flüsse in der ohnehin wasserarmen Winterzeit zu Rinnsalen verkommen.

Auslaufmodell Wintersport

Kostenzer kritisiert zudem "den großen Mitteleinsatz, mit dem man an einem Wintersportmodell festhält, das keine Zukunft hat". Gewaltige Speicherseen für die Beschneiung gehören längst zum alpinen Landschaftsbild. Hinzu kommen nun Kühltürme wie auf dem Zillertaler Spieljoch, riesige Pumpstationen, die Wasser über tausend Höhenmeter hinauf befördern, damit es zur Beschneiung verwendet werden kann.

Dass der Aufwand zunimmt und nicht unbedingt nachhaltig ist, streitet Wolf gar nicht ab. Doch er verweist auf die Bedeutung des Wintersports für die heimische Wirtschaft: "Gut 100.000 Jobs hängen an den rund acht Milliarden Euro, die unsere Gäste jährlich ausgeben."

In Sachen Energieverbrauch führt er immer effizientere Technologien bei der Schneeerzeugung an: "Wir haben hier viel investiert und brauchen für einen Kubikmeter Maschinenschnee umgerechnet nur noch ein bis zwei Kilowattstunden Strom." Pro Skifahrertag seien das rund 4,2 Kilowattstunden. Im Vergleich dazu verbrauche ein Pkw dieselbe Energie auf einer Strecke von nur sechs Kilometern, so Wolf.

Um effizient zu beschneien, muss aber der Boden unter den Pisten verändert werden. "Das ist nicht mehr das, was ein Biologe als Boden bezeichnen würde. Versuchen Sie mal, auf einer Skipiste ein Loch zu graben!", sagt Ökologe Newesely. Dieser verdichtete Untergrund, der mangels Wasseraufnahmefähigkeit sogar eigens drainagiert werden müsse, werde Skipisten-Kolluvium genannt und stelle einen "irreversiblen Schaden" dar, sagt Newesely.

Die Kritiker bezeichnen den Aufwand, der zur Beschneiung betrieben wird, als "Rückzugsgefecht der Skiindustrie". Wolf verweist auf steigende Skifahrerzahlen und fragt: "Was würde aus den Tälern ohne diese Branche?" (Steffen Arora, 27.10.2018)