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Bei den Verhandlungen in Istanbul ist vor allem die Lage in der Rebellenhochburg Idlib ein Thema.

Foto: AP/Ugur Can

Istanbul – Bei ihrem Vierer-Gipfel zu Syrien haben die Türkei, Russland, Frankreich und Deutschland noch bis Jahresende die Bildung eines Verfassungskomitees gefordert. Das Gremium solle in Genf rasch seine Arbeit aufnehmen, um eine politische Lösung des seit 2011 andauernden Syrien-Konflikts voranzubringen, hieß es in der Abschlusserklärung der vier Staats- und Regierungschefs am Samstag in Istanbul.

"In Anbetracht der Umstände" müsse das Verfassungskomitee noch bis Jahresende in Genf einberufen werden, erklärten die Gipfelteilnehmer. Es solle die Verfassungsreform umsetzen und damit "den Weg ebnen" für "freie und faire Wahlen unter Aufsicht der Vereinten Nationen". An diesen müssten alle wahlberechtigten Syrer teilnehmen dürfen, "auch die Syrer in der Diaspora".

Große Hürden

Die Bildung eines Verfassungskomitees gilt als eine entscheidende Hürde für einen Neustart in Syrien. Dem scheidenden Uno-Sondergesandten Staffan de Mistura, der an dem Gipfeltreffen in Istanbul teilnahm, war es in monatelangen Verhandlungen nicht gelungen, ein solches Komitee auf den Weg zu bringen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Russlands Staatschef Wladimir Putin, der französische Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstrichen in ihrer Abschlusserklärung, "dass es keine militärische Lösung für den fortdauernden Konflikt geben kann". Der stattdessen nötige politische Prozess liege in syrischen Händen. Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition in Genf kommen allerdings seit Jahren nicht voran.

"Zwei Kriege beenden"

Merkel sagte, es gehe darum, "zwei Kriege zu beenden": den Krieg gegen den Terror und den Krieg der syrischen Regierung gegen ihr eigenes Volk. Dies könne nicht militärisch gelingen, sondern nur durch politische Verhandlungen unter der Ägide der Uno.

Bei der Frage der Zukunft von Machthaber Bashar al-Assad gab es keine Einigkeit, doch betonten alle Länder, dass das syrische Volk selbst über seine Regierung entscheiden müsse. "Alle Syrer müssen die Möglichkeit haben, über die Zukunft des politischen Systems zu entscheiden in freien Wahlen" unter internationaler Aufsicht, sagte Merkel. Dabei müssten auch die Flüchtlinge einbezogen werden.

Dauerhafter Waffenstillstand

Merkel sagte, sie hätten sich bei dem Gipfel dem Ziel verpflichtet, dass die bisherige Feuerpause in Idlib zu einem "nachhaltigen dauerhaften Waffenstillstand" werden müsse. Es seien "wichtige Fortschritte" bei der Schaffung einer demilitarisierten Zone um Idlib erreicht worden. Und es gebe die "große Verpflichtung", weitere humanitäre Katastrophen zu verhindern.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief Russland auf, als Verbündeter des syrischen Machthabers Bashar al-Assad "sehr klaren Druck" auf diesen auszuüben, um die Waffenruhe in Idlib zu bewahren. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte allerdings, "Russland behält sich vor, die syrische Regierung zu unterstützen", sollte es Angriffe seitens der Rebellen geben.

Ungehinderter Zugang

Der Vierer-Gipfel rief die Konfliktparteien in Syrien auf, "den raschen, sicheren und ungehinderten Zugang" für humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Auch müssten die Bedingungen für die sichere und freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge geschaffen werden.

Es war das erste Mal in dem seit sieben Jahren andauernden syrischen Bürgerkrieg, dass Russland und die Türkei mit Deutschland und Frankreich gemeinsam über den Konflikt berieten. Russland und die Türkei setzen sich mit dem Iran seit Anfang 2017 im sogenannten Astana-Prozess für eine militärische Deeskalation in Syrien ein. Der Vierer-Gipfel forderte eine "verstärkte Abstimmung zwischen allen internationalen Initiativen".

Zunehmende Gewalt

Um Wiederaufbauhilfen ging es bei dem Gipfel noch nicht. Zu weit ist eine politische Konfliktlösung noch entfernt. Zuletzt hatte es in Syrien wieder eine Zunahme der Gewalt gegeben. Am Freitag wurden in Idlib beim Beschuss durch die Regierungstruppen sieben Zivilisten getötet.

Im Osten des Landes habe die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) größere Gebiete nach dem Abzug der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) zurückerobert, hieß es aus Kreisen der Opposition in der Provinz Deir ez-Zor. Aktivisten zufolge wurden allein am Wochenende rund 70 SDF-Kämpfer getötet. (APA, 27.10.2018)