Carles Puigdemont wird per Video aus dem Exil nach Manresa zugeschaltet.

Foto: AFP / Josep Lago

Es kommt Bewegung in das seit Monaten zerstrittene Lager der katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter. Am Samstag präsentierte sich eine neue Bewegung mit dem Namen "Nationaler Aufruf für die Republik" (Crida) in Manresa, einer katalanischen Kleinstadt unweit der Haftanstalt, in der mehrere ehemalige katalanische Minister und Aktivisten in Untersuchungshaft sitzen. Die Crida will die Unabhängigkeitsbewegung einen, und zwar "ohne gegenseitige Vorwürfe" und "ohne auf sein Parteibuch oder seine Ideologie verzichten" zu müssen. Hinter ihr steht kein Geringerer als der im belgischen Exil lebende ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont.

Es gehe darum, die vor einem Jahr, am 27. Oktober 2017, vom katalanischen Parlament nach einem von Madrid untersagten Unabhängigkeitsreferendum ausgerufene Katalanische Republik Wirklichkeit werden zu lassen. Die Crida werde sich auflösen, "sobald dieses Ziel erreicht ist", versprach Puigdemont per Videokonferenz vor den 6000 Zuschauern im Sportpalast in Manresa.

Puigdemont darf seit einem Jahr keinen spanischen Boden mehr betreten. Würde er es tun, würde er wie die neun Inhaftierten im Laufe der nächsten Monate wegen Rebellion, Aufstand und Veruntreuung vor Gericht kommen. Darauf stehen bis zu 55 Jahre Haft. Zu den Initiatoren der Crida gehören außerdem Kataloniens aktueller Ministerpräsident Quim Torra mit einem Großteil seiner Regierung, zahlreiche katalanische Abgeordnete sowie der inhaftierte ehemalige Vorsitzende der größten Unabhängigkeitsorganisation, der Katalanischen Nationalversammlung (ANC), Jordi Sánchez.

10.000 zahlende Mitglieder

Rund 10.000 zahlende Gründungsmitglieder zählt die Crida, die sich im Jänner als Partei konstituieren will. Über 50.000 Menschen haben sich online in das Projekt eingeschrieben.

"Wir haben nicht aufgegeben und werden das auch in Zukunft nicht tun", beteuerte Puigdemont. Er redete von Kampagnen des zivilen Ungehorsams, ohne den Dialog mit Madrid auszuschließen. Am Ende gehe es um ein "Unabhängigkeitsreferendum in beidseitigem Einvernehmen". Der in Madrid regierende Sozialist Pedro Sánchez will davon nichts wissen.

Aus den Reihen der Demokratischen Partei Kataloniens (PdeCAT), der auch Puigdemont angehört, unterstützen viele die neue Crida. Doch die anderen Unabhängigkeitsparteien, die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) und die kleine antikapitalistische CUP, wollen von Puigdemonts Crida nichts wissen. Die kommenden Monate werden zeigen, inwiefern es Puigdemont gelingt, zumindest gegenüber der ERC Druck aufzubauen. Die beiden großen, parteiunabhängigen Organisationen für die Loslösung von Spanien, die ANC und der Kulturverein Òmnium, reden ebenfalls von Einheit, mit dem Ziel: die Katalanische Republik realisieren. (Reiner Wandler aus Madrid, 29.10.2018)