Colombo – Sri Lanka wird von einem erbitterten Machtkampf an der Staatsspitze erschüttert. Der geschasste Regierungschef Ranil Wickremesinghe bot Präsident Maithripala Sirisena die Stirn und weigerte sich am Sonntag weiterhin, seinen Amtssitz zu räumen.

Der Machtkampf in dem südasiatischen Inselstaat rief international Besorgnis hervor und führte im Land zu ersten Opfern. Durch Schüsse von Leibwächtern eines Ministers wurden ein Mann getötet und zwei weitere verletzt.

Krisengespräche

Wickremesinghe traf Vertraute zu Krisengesprächen in seiner Residenz in der Hauptstadt Colombo. Rund tausend Unterstützer versammelten sich vor dem Anwesen. Unterstützer des neu ernannten Regierungschefs, Ex-Präsident Mahinda Rajapakse erklärten, die Polizei werde Wickremesinghe am Ende zur Räumung seines Amtssitzes zwingen.

Wickremesinghe hält sich hingegen weiter für den rechtmäßigen Ministerpräsidenten des Landes und bekam dafür am Sonntag auch Rückendeckung aus dem Parlamentspräsidium. Präsident Sirisena hatte den Regierungschef am Freitag abgesetzt; die nächste Parlamentssitzung vertagte er jedoch auf Mitte November und verhinderte damit, dass Wickremesinghe nun seine Anhänger im Parlament mobilisieren konnte.

Zerrüttetes Verhältnis

Das Verhältnis zwischen Sirisena und Wickremesinghe gilt seit einiger Zeit als zerrüttet; letzterer will Sirisena offenbar das Präsidentenamt streitig machen. Bei den Wahlen 2015 hatten sich die beiden Rivalen noch gegen den damaligen Präsidenten Rajapakse verbündet, der nun von Sirisena zum neuen Regierungschef ernannt wurde.

Die Staatskrise in Sri Lanka wird international mit Besorgnis verfolgt. Westliche Botschafter forderten die Rivalen auf, sich an die Verfassung zu halten und auf Gewalt zu verzichten. Das Auswärtige Amt aktualisierte am Samstag seine Reisehinweise und riet "dringend" davon ab, sich in die Nähe politischer Kundgebungen zu begeben. Das Außenministerium in Wien riet Reisenden ohnedies bereits vor der aktuellen Regierungskrise auf seiner Homepage: "Politische Kundgebungen und auch sich spontan entwickelnde Demonstrationen sollten gemieden werden. Reisenden wird geraten, sich von Menschenansammlungen fernzuhalten."

Sicherheitsleute des Ölministers Arjuna Ranatunga gaben am Sonntag laut Polizei Schüsse ab, als dieser in seinem Büro von aufgebrachten Demonstranten bedrängt wurde. Einer der drei Verletzten starb wenig später in einem Krankenhaus. Es war der erste gewalttätige Vorfall seit der umstrittenen Absetzung von Regierungschef Wickremesinghe am Freitag. (APA, 28.10.2018)