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Tarek Al-Wazir kam 1971 in Offenbach am Main zur Welt. Er ist der Sohn einer deutschen Lehrerin, sein Vater stammt aus dem Jemen.

Foto: dpa/UWE ANSPACH

Nein, nein, sagte Tarek Al-Wazir vor der Hessen-Wahl, er werde sich von den Umfragen "nicht verrückt" machen lassen. So mancher, auch in den eigenen Reihen, sah den grünen Spitzenkandidaten schon vor der Landtagswahl als neuen Ministerpräsidenten.

Der beliebteste Politiker Hessens ist der eloquente Pragmatiker schon seit einiger Zeit. Doch Al-Wazir bleibt lieber am Boden und sagt: "Ich fange nicht an zu schweben, fühle mich nicht als der Tollste und Schönste." Dies ist seit Jahren sein Credo, damit hat er es schließlich weit gebracht. "Der Ausländer" wurde er am Anfang seiner politischen Karriere oft von den Gegnern genannt.

Das würde sich heute niemand mehr trauen – gestimmt hat es ohnehin nie. Al-Wazir kam 1971 in Offenbach am Main zur Welt, er ist der Sohn einer deutschen Lehrerin, sein Vater stammt aus dem Jemen. Man möge den Buben doch Fritz nennen, schlägt der Standesbeamte den Eltern vor.

Doch diese bestehen auf Tarek, was im Arabischen "Einer, der Einlass begehrt" heißt. Programm ist auch der Nachname Wazir, er bedeutet "Minister". Politik wird dem Kind schon früh vermittelt. Die Mutter nimmt es zu Demos gegen die Startbahn West des Frankfurter Flughafens, die Atomkraft und den Nato-Doppelbeschluss mit.

Als Al-Wazir drei ist, trennen sich die Eltern, der Vater geht zurück in den Jemen. Mit 14 Jahren folgt ihm der Sohn und lebt dann zwei Jahre beim Vater. "Das war meine Migrationserfahrung", erinnert er sich an diese Zeit. "Ich kam in ein Land, in dem ich die Sprache nicht kannte und alles anders war." Dies habe ihn sehr für die Nöte Geflüchteter sensibilisiert.

Der "Müsli"-Politiker

Wieder zurück in Deutschland, schließt er sich den Grünen an und nennt sich in dieser Zeit "Müsli – politisch engagiert, ökologisch korrekt und friedensbewegt". Der politische Aufstieg erfolgt nach Lehrbuch: Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Offenbach, Mitglied des Landtages in Hessen, Fraktionschef ebendort von 2000 bis 2014.

Als er und CDU-Mann Volker Bouffier nach der Wahl 2013 das erste schwarz-grüne Bündnis in einem großen deutschen Bundesland schmieden, überrascht Al-Wazir viele. Er greift nicht nach den Umweltagenden, sondern nimmt sich Wirtschaft und Verkehr. "Wir enden entweder als Helden oder als Deppen", sagte der Vater zweier Buben vor dem Antritt der schwarz-grünen Koalition. Im Fall Al-Wazirs ist das Ergebnis fünf Jahre später recht eindeutig. (Birgit Baumann aus Berlin, 28.10.2018)