IBM schluckt Red Hat.

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Das Computer-Urgestein IBM will sich mit seiner bisher größten Übernahme ein größeres Stück der IT-Ausgaben von Unternehmen sichern. IBM lässt sich den Kauf des Linux-Spezialisten Red Hat insgesamt 34 Milliarden US-Dollar (30 Milliarden Euro) kosten, teilten die Unternehmen am Sonntag mit. Software von Red Hat kommt unter anderem für den Betrieb von Cloud-Anwendungen zum Einsatz. Aber auch das US-Militär, Geheimdienste, Banken und Börsen zählen zu seinen Kunden.

Linux als Rettung

IBM-Chefin Ginni Rometty will den IT-Dino zukunftssicher machen, indem sie wenig profitable alte Geschäftsbereiche schrumpft und dafür stärker auf künstliche Intelligenz und Cloud-Dienste setzt. Der Umbau ließ den Umsatz sechs Jahre lange sinken. Romettys Sanierungskurs schien Früchte zu tragen, weil IBM drei Quartale in Folge mit Wachstum schaffte. Doch zuletzt gab es wieder ein Vierteljahr mit sinkenden Erlösen, das setzte auch die Aktie unter Druck.

Red Hat kündigt die Übernahme auf seiner Homepage an.
Grafik: Red Hat

Das Betriebssystem Linux, mit dem zum Beispiel viele Server in Rechenzentren laufen, ist eine quelloffene Software. Das heißt, ihr Programmiercode ist öffentlich und kann von allen eingesetzt werden. Auf dieser Basis können Softwareanbieter aber Instrumente zur besseren Nutzung von Linux entwickeln – Red Hat wurde nach der Gründung vor rund 25 Jahren zu einem führenden Spezialisten in diesem Geschäft.

Alle Mitarbeiter von Red Hat sollen übernommen werden

Mit dem Kauf von Red Hat könnte IBM auf einen Schlag wichtiger im Cloud-Geschäft werden. Alle rund 12.600 Mitarbeiter von Red Hat sollen übernommen werden, sagte Rometty dem "Wall Street Journal". Im Cloud-Markt gehören unter anderem Microsoft, Google und Amazon zu den Konkurrenten. Microsoft kaufte jüngst die von vielen Linux-Programmierern genutzte Entwicklerplattform Github.

Mit 190 Dollar je Aktie bietet IBM einen satten Aufschlag von gut 60 Prozent auf den Schlusskurs von Red Hat von Freitag. Der Preis von 34 Milliarden Dollar schließt auch Schulden von Red Hat ein, IBM will dafür neben seinen Geldreserven auch auf Kredite zurückgreifen. Mit dem Abschluss des Deals rechnen die Unternehmen im zweiten Halbjahr 2019.

Potenzial, die Landschaft im Cloud-Geschäft zu verändern

Die Übernahme habe das Potenzial, die Landschaft im Cloud-Geschäft zu verändern, versicherte Rometty. "IBM wird der weltweite Hybrid-Cloud-Anbieter Nummer eins." Bei Cloud-Angeboten kommen Software und Dienste direkt aus dem Internet. Hybrid Clouds sind eine Mischform aus öffentlich, meist über das Internet zugänglichen Clouds wie sie auch von Google angeboten werden, und sogenannten Privat Clouds, die vor allem aus Gründen der Datensicherheit von Unternehmen für ihre IT-Dienste bevorzugt werden.

In der Geschichte der US-amerikanischen IT-Industrie waren nur zwei Deals noch größer als die nun angekündigte Übernahme von Red Hat: 2016 fusionierten für 67 Mílliarden Dollar der Computerhersteller Dell und der Speicherspezialist EMC. Im Jahr 2000, kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase, schluckte das Netzwerkunternehmen JDS Uniphase für 41 Milliarden Dollar den Spezialisten für optische Bauteile, SDL.

Linus Torvalds wurde zum Millionär

Red Hat startet vor 25 Jahren mit einer eigenen Variante des Open-Source-Betriebssystems Linux, die vor allem auf Servercomputern verwendet wird. Heute erzielt das Unternehmen seinen Umsatz vor allem mit seinem Softwarepaket und Serviceangebot Red Hat Enterprise Linux sowie anderen Technologien, die häufig in Rechenzentren eingesetzt werden. Mit dem Börsengang von Red Hat im Jahr 1999 wurde auch Linux-Erfinder Linus Torvalds zum Millionär, da ihm Red-Hat-Gründer Marc Ewing aus Dankbarkeit Aktienoptionen zugesprochen hatte.

Red Hat soll als eigenständige Einheit innerhalb von IBM arbeiten. Außerdem soll Red Hat weiterhin von Jim Whitehurst und seinem Management geleitet werden. Whitehurst werde zudem in die IBM-Führung integriert. Der Red-Hat-Chef verweist darauf, dass Open-Source-Lösungen, für die sein Unternehmen der Spezialist sei, die erste Wahl für moderne IT-Anwendungen darstellten. Indem Red Hat die Kräfte mit IBM bündele, werde der Einfluss von Open-Source-Lösungen bei der Digitalisierung deutlich verstärkt. (Reuters, APA, red, 28.10.2018)