Madrid – Real Madrid hat sich am Montag erwartungsgemäß von Julen Lopetegui getrennt. Der 52-Jährige war erst seit Saisonbeginn Trainer der Königlichen, am Sonntag hatte Real den Clasico beim FC Barcelona 1:5 verloren.

Santiago Solari, bisherig Coach von Reals B-Elf, wird als Interimslösung vorerst das Training leiten. Als Spieler war der 42-jährige Argentinier von 2000 bis 2005 bei Real engagiert, es waren die Zeiten des als Galácticos firmierenden Starensembles um Zinedine Zidane, Luis Figo und Ronaldo.

Der Mittelfeldspieler gewann im Real-Trikot zweimal die Meisterschaft, 2002 auch die Champions League. 2016 kehrte er als Coach der A-Jugend nach Madrid zurück, wenig später übernahm er nach der Beförderung Zidanes die zweite Mannschaft.

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Santiago Solari auf einem Archivbild aus dem Jahr 2005.
Foto: reuters/fraile

"Missverhältnis"

Mit Lopeteguis Entlassung wolle man "die Dynamik der ersten Mannschaft verändern, da alle Saisonziele noch erreichbar sind", erklärte Real. "Es besteht ein Missverhältnis zwischen der Qualität des Personals, das mit acht Spielern für den Goldenen Ball nominiert ist – etwas, das in der Klubgeschichte noch nie passiert ist – und den bisherigen Ergebnissen."

In der Tabelle belegt Real nach vier Saisonpleiten den unmöglichen neunten Rang, sieben Punkte hinter Barcelona. Von den letzten sieben Pflichtspielen hat Madrid fünf verloren. Solche Bilanzen wiesen Real-Trainer zuletzt in den 1940er-Jahren auf.

Lopetegui hatte zwar am Montagvormittag noch das Training geleitet, soll sich laut der Zeitung "Marca" aber bereits am Sonntag nach dem Match von seinen Spielern verabschiedet haben. Kurz vor WM-Beginn hatte er aufgrund seines öffentlich gewordenen Engagements bei Real seine Funktion als spanischer Teamchef verloren

Der Clasico war "die letzte Schaufel Erde" auf Lopeteguis Grab, schrieb die Zeitung "As". "Madrid war ein Desaster", gab Mittelfeldmann Casemiro zu. "Die Lage ist beschissen", sagte Kapitän Sergio Ramos. "Wir unterstützen den Trainer bis zum Tod, aber die Entscheidungen werden oben getroffen." Isco sagte: "Man müsste uns alle rauswerfen, nicht nur den Trainer."

Antonio Conte, Meistermacher von Juventus und Chelsea sowie ehemaliger italienischer Teamchef, ist wohl die eigentliche Zielperson Reals.
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Verhandlungen mit Conte spießen sich

Laut Medienberichten will Real-Präsident Florentino Perez Antonio Conte oder den derzeit bei Manchester United unglücklichen Ex-Real-Coach Jose Mourinho als 13. Trainer in seiner Ära holen. Zwei Männer, die wegen ihrer tendenziell autoritären Persönlichkeiten bekannt sind. Bis es zu einer Einigung kommt, wird Solari für das Team verantwortlich sein. Das betrifft das Cupspiel bei Melilla am Mittwoch und wohl auch noch das Meisterschaftsmatch gegen Real Valladolid am Samstag.

Länger als zwei Wochen kann ein Trainer aber nach Verbandsregeln nicht übergangsweise arbeiten. Danach muss er durch eine Dauerlösung ersetzt – oder selbst zum Chef befördert werden. Die Zeit drängt also. Und die Gespräche mit Conte, Favorit von Perez, gestalteten sich offenbar plötzlich schwierig. Der 49-Jährige habe am Montag unter anderem mitgeteilt, er wolle vor einer Entscheidung das "Zukunftsprojekt" des Klubs im Detail kennen und studieren, schrieb die "As".

Die Ego-Frage

Bei den Spielern scheint Conte nicht die erste Wahl zu sein. Ramos etwa wurde nach dem Clasico gefragt: "Conte ist ein Trainer der harten Hand. Eine gute Lösung?" Die Antwort des Kapitäns: "Respekt muss man sich verdienen und nicht aufzwingen wollen."

Als Mourinho zwischen 2010 und 2013 Real coachte, hatte der eigenwillige Portugiese mit den Stars große Probleme. Das führte zu Konfrontationen nicht nur in der Kabine, sondern auch mit Medien und Fans. Mit ihm holte der Verein nur je einmal den Pokal (2011) und den Titel in der Liga (2012). Mit einem anderen "harten Hund" fuhr Real in der jüngeren Vergangenheit noch schlechter. Rafael Benitez wurde Ende 2015 nach nur wenigen Monaten vor die Tür gesetzt. (APA, sid, red, 29.10.2018)