Sexspielzeug ist gefragt. Nach jeder Messe melden sich Menschen, die als Tester aufgenommen werden wollen.

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Lea-Sophie Cramer (31) ist Co-Gründerin von Amorelie.

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Ihren Kindern gegenüber bezeichnet sie die Produkte, die sie verkauft, als Spielzeug für Erwachsene. Dabei handelt es sich jedoch um Spielzeug, bei denen Kinder tendenziell ratlos sind, wie man sie verwenden könnte. Lea-Sophie Cramer ist Mitgründerin und Geschäftsführerin des 2013 gegründeten Onlinesexartikelhändlers Amorelie.

Es war der Hype rund um Sex and the City und Fifty Shades of Grey, der die heute 31-Jährige damals dazu gebracht hat, ihr Unternehmen zu gründen. "Ich saß im Zug, und rund um mich haben alle Fifty Shades of Grey gelesen. Da wurde mir bewusst, die Gesellschaft wird offener in puncto Sexualität", sagt Cramer dem STANDARD. Doch der Erotikmarkt sei verstaubt gewesen. Produkte wären fast alle schwarz-rot und blinkend gewesen – vor allem für unerfahrene Paare sehr abschreckend.

Cramer kündigte ihren Job bei Groupon und fing an, sinnliche Produkte zusammenzusammeln und online zu verkaufen. Die Nachfrage bestätigte sie in ihrem Handeln. Amorelie erzielte vergangenes Jahr einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro und beschäftigt rund 100 Mitarbeiter.

"Sex sells – war ja klar, dass das Konzept funktioniert", das wird der Unternehmerin eigenen Angaben zufolge regelmäßig gesagt. Hören kann sie das nicht mehr, denn insbesondere das Marketing stellte sie vor eine große Hürde: "90 Prozent der klassischen Onlinemarketingtools standen uns nicht zur Verfügung. An Fernsehwerbung dachten wir nicht im Ansatz. Sexualität in der Öffentlichkeit sei ein schwieriges Thema gewesen, was sie auch regelmäßig an ihrem Geschäftsmodell habe zweifeln lassen.

Liebesleben versüßen

Heute gehören die Firmenwerbespots zum Fernsehalltag. Angepriesen werden etwa der Amorelie-Adventkalender, der Womanizer (ein spezieller Vibrator, Anm.) oder ganz generell die Idee, sich mit Spielzeugen sein Liebesleben zu versüßen. Dass Amorelie mittlerweile zu 98 Prozent zur ProSiebenSat1-Gruppe gehört, kann bezüglich medialer Präsenz natürlich auch nicht schaden.

Eine konkrete Zielgruppe gibt es laut Firmenangaben nicht. In den Anfängen habe man zwar tendenziell Frauen ansprechen wollen, doch mittlerweile liege das Kundenverhältnis bei 50 zu 50.

Der stationäre Handel ist ebenfalls aufgesprungen. Hierzulande verkaufen etwa Bipa, DM oder Mediamarkt die Produkte der Berliner Firma. Neben dem Dach-Raum (Deutschland, Schweiz, Österreich) liefert Amorelie nach Frankreich und in die Beneluxstaaten.

Darüber hinaus hat Cramer ein altbekanntes Verkaufskonzept für sich und ihre Zwecke entdeckt: die Tupperparty. Der Ablauf ist der gleiche, einzig statt Plastikbehältern wird Sexspielzeug verkauft.

Eigenmarken haben sich zu einem immer wichtigeren Standbein entwickelt. Rund 50 Prozent der Waren sind Eigenkreationen. Die Produktentwickler holen sich Feedback aus einem eigenen Netzwerk an Testpersonen. "Dieses Netzwerk wächst ständig. Nach jeder Messe melden sich Menschen, die Tester werden möchten. Und immer wieder fragen die Entwickler einfach im Büro. Wenn es bei uns ankommt, warum dann nicht auch bei allen anderen", erzählt Cramer. Ein essenzieller Bestandteil der Produkte sei eine gute Bedienungsanleitung. 70 Prozent der Kunden leben in einer Beziehung und kennen sich mit derartigen Spielzeugen nicht sehr gut aus.

3D-Drucker

Prototypen werden mit 3D-Druckern in Deutschland hergestellt. Die Serienproduktion findet dann in Asien statt. Das Sortiment wird laufend erweitert, mittlerweile verkauft Amorelie auch Parfum, Bücher und eine Post-Baby-Box, speziell angepasst für Mütter nach der Geburt. Cramer ist selbst zweifache Mutter, woher die Idee für diese Box stammt, lässt sich demnach erahnen. (Andreas Danzer, 30.10.2018)