Nur nicht hinsehen: Angst ist in Kunst, Literatur und Film ein wichtiges Stilmittel, medizinisch betrachtet ist das Gefühl für Menschen mit Angststörungen überaus belastend.

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Georg Psota / Michael Horowitz: Angst. € 22, 256 Seiten. Residenz-Verlag 2018.

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Über Ängste zu sprechen ist für diejenigen, die es betrifft, meistens nicht einfach: Zu persönlich, zu absurd, zu erschreckend sind die Gedanken, die einem das Leben oft aus heiterem Himmel schwer machen.

Deshalb erstaunlich: Über Angst lässt sich tatsächlich auch im Plauderton reden. Journalist Michael Horowitz und Psychiater Georg Psota, Chefarzt der Psychosozialen Dienste Wien, waren schon in "Das weite Land der Seele" ein Autorenduo, diesmal haben sich die beiden das weite Thema Angst vorgenommen.

Adele Neuhauser, die als eine von wenigen Prominenten immer schon offen über ihre Ängste gesprochen hat, macht den Auftakt. Sie erzählt ihre Lebensgeschichte, ihre ganz persönlichen Familiendramen, die sie in jungen Jahren in Suizidversuche trieben. Doch gleich im ersten Kapitel bietet sie interessierten Lesern auch eine Lösung an. Es geht darum, einen Umgang mit den eigenen Gedanken zu finden. Das hat Neuhauser gut hinbekommen.

Prominente Beispiele

Damit haben Horowitz und Psota ihre Leser und Leserinnen bereits in medias res geführt. Vom ersten Kapitel an vermitteln die beiden: Wer Angst hat, ist in bester Gesellschaft. Steven Spielberg, Bill Gates, aber auch Winston Churchill oder Charles Darwin waren Betroffene. Dazu gibt es Anekdoten, es wird aus Filmen und Literatur zitiert. Das macht die Lektüre dieses an sich eher schweren Themas eigentlich ziemlich leicht.

Wie es sich für ein Sachbuch dieser Art aber gehört, wird auch viel Grundlegendes vermittelt: Was ist Angst physiologisch, chemisch und evolutionstechnisch? Welche Formen gibt es, und wie können sie behandelt werden? Das Kapitel zu den Therapien ist – wollte man einen Kritikpunkt finden – vielleicht eine Spur zu kurz geraten.

Immer wieder versuchen die beiden Autoren aber Angst auch als etwas durch und durch Positives darzustellen. Sie unternehmen Ausflüge in die Welt der Philosophie, beleuchten die gesellschaftliche und politische Dimension und stellen sich die Frage, wovor Menschen im 21. Jahrhundert Angst haben.

Um die Theorie aber keinesfalls zu grau werden zu lassen, lockern viele Fallbeispiele die einzelnen Kapitel auf. Spätestens in der Hälfte wird auch dem psychiatrischen Laien bewusst, wie facettenreich und individuell Angststörungen sein können. Gerade dieser niederschwellige, leichtfüßige Einstieg in ein an sich schweres Thema bringt neue Einblicke, die der Angst von Betroffenen und ihren Angehörigen sicherlich guttun. Denn eines ist sicher: Unter Angststörungen leiden viele Menschen, viel zu viele reden einfach nicht darüber. (Karin Pollack, 30.10.2018)