Innsbruck – "Das erste Jahr der ÖVP-FPÖ-Regierung war geprägt von massiver Verunsicherung", sagt Martin Ladstätter vom "Zentrum für Selbstbestimmtes Leben" (BIZEPS). Positiv sei, dass nun die noch von der Vorgängerregierung beschlossenen Mittel aus dem Inklusionspaket auch wirklich verwendet werden sollen. Allerdings sei die Einbindung der Behindertenbewegung in die Umsetzung ihrer Anliegen "teilweise extrem mühsam" geworden.

Auch der Behindertenrat zieht eine "zwiespältige Bilanz". Einerseits funktioniere die Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium "sehr gut". Andererseits müsse man "sehr wachsam sein, um Verschlechterungen zu verhindern", wie etwa das Beispiel der erhöhten Familienbeihilfe zeige.

Was Bizeps und Behindertenrat unisono kritisieren, ist die mangelnde Kompetenz bei den Regierungsparteien – insbesondere bei deren Behindertensprecherinnen.

Seitens der Lebenshilfe beklagt Generalsekretär Albert Brandstätter "eine Verschärfung des sozialen Klimas unter der Regierung Kurz". Kürzungen bei der Mindestsicherung träfen besonders auch Menschen mit Behinderung. In Sachen Selbstbestimmungsrechte herrsche Stillstand.

Dass die türkis-blaue Regierung in Jahrzehnten hart erkämpfte Errungenschaften, etwa bei inkludierter Bildung, in kürzester Zeit zerstöre, mache ihr "Angst", sagt Bernadette Feuerstein von Selbstbestimmt Leben Österreich (SLIÖ). Sie beobachte bei der Barrierefreiheit die Tendenz, "alles der Wirtschaft unterzuordnen". Auch die Reform der Sozialversicherungen bestärke diese Angst.

Anders als der Behindertenrat beklagt SLIÖ, dass die Gesprächsbasis mit dem Sozialministerium verlorenging: "Es gibt kein Verständnis mehr, in dem Sinn, dass man unsere Anliegen wirklich nicht mehr versteht." (Steffen Arora, 30.10.2018)