Donald Trump will per Dekret verfügen, dass künftig nicht mehr jedes auf dem Boden der USA geborene Kind automatisch die Staatsbürgerschaft erhält.

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Washington – Ein harter Kurs gegenüber Migranten – damit punktet Donald Trump bei seinen Anhängern besonders. Wenige Tage vor den Kongresswahlen kündigt er einen Schwenk an, mit dem er Hand an die Verfassung anlegen will. Wird die Idee über den Wahltag hinausreichen?

Kurz vor den Kongresswahlen in den USA hat US-Präsident Donald Trump eine weitreichende Änderung im Staatsbürgerschaftsrecht angekündigt – als Signal der Härte gegenüber illegalen Migranten. Er will verhindern, dass Babys von Einwanderern durch die Geburt in den USA automatisch die amerikanische Staatsbürgerschaft bekommen.

"Wir sind das einzige Land weltweit, in dem jemand ankommt, ein Baby bekommt – und dieses Baby ist dann ein US-Bürger für 85 Jahre mit allen damit verbundenen Vorteilen", sagte Trump in einem Video-Interview mit dem Informationsdienst Axios, das am Dienstag vorab in Teilen veröffentlicht wurde. "Das ist lächerlich. Und das muss aufhören." Allerdings ist unklar, ob Trumps Vorhaben Aussicht auf Umsetzung hat – oder nur Wahlkampfmanöver ist.

Geburtsortsprinzip in der Verfassung

Im Staatsbürgerschaftsrecht ist das sogenannte Abstammungsprinzip am weitesten verbreitet, wonach ein Kind jenen Pass bekommt, den seine Eltern haben. In einigen Ländern gilt daneben aber auch das Geburtsortsprinzip, wonach ein Land seine Staatsbürgerschaft allen Kindern zuerkennt, die auf seinem Staatsgebiet zur Welt kommen – zum Teil unter gewissen Bedingungen.

In den USA ist das Geburtsortsprinzip in der Verfassung festgeschrieben, im 14. Zusatzartikel – aber ohne Beschränkungen. Dort steht: "Alle Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren oder eingebürgert sind und ihrer Gesetzeshoheit unterstehen, sind Bürger der Vereinigten Staaten." Anders als von Trump behauptet, sind die USA aber längst nicht das einzige Land auf der Welt, in dem auch dieses Prinzip gilt. Mehr als zwei Dutzend andere Länder haben zusätzlich eine solche Regelung im Staatsbürgerschaftsrecht,

In Österreich erwerben Kinder die Staatsbürgerschaft mit dem Zeitpunkt der Geburt, wenn die Mutter österreichische Staatsbürgerin ist. Das gleiche gilt, wenn die Eltern verheiratet sind und nur der Vater österreichischer Staatsbürger ist. Sind die Eltern nicht verheiratet und ist nur der Vater eines Kindes österreichischer Staatsbürger, die Mutter aber Staatsangehörige eines anderen Staates, erwirbt das Kind die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung, wenn der österreichische Vater innerhalb von acht Wochen nach der Geburt entweder die Vaterschaft anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.

Unklare Rechtslage

Trump sagte, man habe ihm immer erklärt, dass eine Verfassungsänderung nötig sei, um die Regelung in den USA zu kippen. Dem sei aber nicht so. "Jetzt sagen sie, ich kann es auch mit einem präsidentiellen Erlass machen." Trump ging nicht näher darauf ein, auf wen genau er sich beruft und auf welcher Annahme die Einschätzung basiert. Er zielt aber vor allem auf illegale Einwanderer ab, deren Kinder nach seinem Willen bei einer Geburt in den USA – anders als bisher – nicht mehr automatisch US-Bürger werden sollen.

Unklar ist, ob eine solche Einschränkung überhaupt möglich wäre. Rechtlich ist das umstritten. Es gibt generell hohe Hürden für eine Änderung von Rechten, die in der Verfassung festgeschrieben sind. Noch dazu handelt es sich hierbei um ein Grundprinzip im großen Einwanderungsland Amerika. Es gibt andererseits Juristen, die meinen, die Passage ließe sich durch einen präsidentiellen Erlass "spezifizieren". In jedem Fall dürfte Trumps Vorstoß für juristische und politische Kontroversen sorgen. Der US-Präsident gab sich dennoch sicher, eine Änderung durchzubekommen. "Es ist im Gange. Es wird dazu kommen – mit einem präsidentiellen Erlass."

"Magnet für illegale Einwanderung"

Trump hatte bereits im Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl 2016 für eine Abkehr vom Geburtsortsprinzip geworben und beklagt, die Regelung sei der größte Magnet für illegale Einwanderung.

Der US-Präsident hat in seiner Amtszeit drastische Verschärfungen in der Migrationspolitik auf den Weg gebracht. Unter seinen Anhängern punktet er seit jeher mit einem harten Kurs gegenüber Zuwanderern. Seit Tagen etwa droht und poltert er heftig gegen eine Gruppe von Tausenden Migranten aus Mittelamerika, die Richtung USA marschieren – und hat deswegen eigens Soldaten an die Grenze geschickt.

Der neue Vorstoß kommt nur wenige Tage vor den wichtigen Kongresswahlen in den USA, die am 6. November anstehen. Trumps Republikanern droht der Verlust der Mehrheit im Repräsentantenhaus. Der US-Präsident müht sich, seine Anhänger zu mobilisieren – wozu sich das Zuwanderungsthema in seinem Lager bestens eignet. Ob seine Idee über den Wahltag hinausreichen wird, muss sich zeigen. (APA, 30.10.2018)