Bild nicht mehr verfügbar.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten stehen dem Genuss von Wein, Käse und Co oft im Weg. Besonders alter Rotwein und gereifte Milchprodukte verursachen Schwindel und Übelkeit.

Foto: dpa / Frederik von Erichsen

Der Genuss eines opulenten Mahls aus Fleisch- und Fischgerichten, Rotwein und Käse kann manche Menschen teuer zu stehen kommen. Der Preis: das Wohlbefinden. Diesen Lebensmitteln – und vielen weiteren – hängt der Ruf an, Unverträglichkeiten im menschlichen Körper hervorzurufen. Dem Mahl folgen Juckreiz, Schwindel, Magenprobleme, Kopfweh, Schnupfen oder Bluthochdruck.

Obwohl nicht zweifelsfrei bewiesen, stehen sogenannte biogene Amine im Verdacht, für diese unangenehmen Folgen – die einer allergischen Reaktion ähnlich sind, aber medizinisch gesehen keine solche darstellen – verantwortlich zu sein. Die kleinen Moleküle sind überall im menschlichen Körper vorhanden und übernehmen zum Teil wichtige Funktionen – beispielsweise als Botenstoffe. Mit bestimmten Lebensmitteln können sie aber auch in großen Mengen zugeführt werden.

Fermintierte Lebensmittel

In der Produktion von Wein, Käse und anderen Speisen sind im Zuge der Fermentation Mikroorganismen oder Enzyme an Abbauprozessen beteiligt, die auch die biogenen Amine hervorbringen. Je reifer der Wein, je älter der Käse, desto mehr sind darin zu finden. Das bekannteste von ihnen ist Histamin. Doch es ist bei weitem nicht die einzige Spielart. Tyramin, Putrescin, Phenylethylamin gehören wie viele weitere ebenfalls zu der Gruppe.

Im Rahmen des Projekts Bioamina wollen Wissenschafter des Center for Health and Environment am Austrian Institute of Technology (AIT) und dem Department für Integrierte Sensorsysteme der Donau-Universität Krems ein Werkzeug entwickeln, das bei der Erkennung und Erforschung der Zusammenhänge rund um die biogenen Amine im Körper wertvolle Dienste leisten soll. Gefördert wird der Forschungsansatz im Zuge des Life Science Call 2016 der Niederösterreichischen Forschungs- und Bildungsgesellschaft (NFB) vom Land.

Diagnosewerkzeug

Die neue Testmethode soll schneller und günstiger arbeiten als in der bisherigen Praxis. "Zwar gibt es Testkits für hohe Histaminkonzentrationen – bei Fisch deuten diese auf Verderb hin, Obergrenzen sind sogar EU-weit geregelt", erklärt Projektleiterin Claudia Preininger vom AIT. "Unser Testsystem soll aber ermöglichen, auch viele weitere biogene Amine zu messen."

Im menschlichen Körper werden die Moleküle gewöhnlich durch das Enzym Diaminooxidase abgebaut. Ein Mangel dieses Stoffs soll zu den mutmaßlich ungesunden Aminkonzentrationen im Körper führen können. Im Testsystem, das Preininger und Kollegen entwickeln, werden ähnliche Abbauprozesse hervorgerufen.

Dort werden zum Abbau biogener Amine verschiedene Varianten des Enzyms verwendet, die aus körperfremden Quellen – aus Erbsenpflanzen – extrahiert werden. Die Reaktion mit dem Enzym lässt unter anderem Ammoniak und Wasserstoffperoxid als Abbauprodukte zurück. "Das Wasserstoffperoxid, das auf diese Art entsteht, versetzen wir mit einem Substrat. Das lässt zu, dass sich das Vorkommen des Abbauprodukts mittels einer Farbreaktion messen lässt", erläutert Preininger das Prinzip des Testsystems.

Konzentrationen berechnen

Unterschiedliche Varianten der Diaminooxidase sprechen dabei unterschiedliche Amine an, und die Abbauprodukte beeinflussen die Farbmuster, die der Test hervorbringt. "Letztendlich lässt sich herausrechnen, wie hoch die jeweiligen Konzentrationen der verschiedenen biogenen Amine in der Probe in etwa sind", fasst die Wissenschafterin den Aufbau zusammen.

Die Auswertung wird mit der sogenannten Thermal Lens Spectrometry ergänzt. Bei der Analysemethode, für die im Projekt die Forscher des Departments für Integrierte Sensorsysteme der Donau-Universität Krems zuständig sind, werden Flüssigkeitsproben mit Laserstrahlung beschossen, um aus den resultierenden Temperaturveränderungen Erkenntnisse über die organischen Bestandteile der Probe abzuleiten.

Im letzten Jahr des 2017 gestarteten, dreijährigen Projekts soll die Methode am Karl-Landsteiner-Institut in St. Pölten erprobt werden. Freiwillige Probanden bekommen einen Mix aus biogenen Aminen verabreicht und protokollieren die Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden, bevor das "kolorimetrische" Testsystem anhand von Urinproben zum Einsatz kommt. Es könnte der Beginn für eine neue Datenquelle sein, die die Diskussion um Lebensmittelunverträglichkeiten auf eine neue Basis stellt. (Alois Pumhösel, 1.11.2018)