Das Lautrepertoire von Bonobos ist eine ganze Oktave höher angesiedelt als bei Schimpansen.

Foto: Cédric Girard-Buttoz, LuiKotale, D.R. Kongo

Je größer ein Tier, desto tiefer seine Stimme: Diese Daumenregel lässt sich freilich nicht unbedingt auf alle Spezies anwenden. Ein gutes Beispiel für eine solche Ausnahme liefern beispielsweise unsere nächsten Verwandten im Tierreich. Obwohl Bonobos und Schimpansen ähnlich groß sind, klingen Bonobo-Rufe nämlich eine ganze Oktave höher als Schimpansen-Rufe. Woran das liegen könnte, haben nun deutsche Wissenschafter analysiert. Unter anderem dürfte diese Diskrepanz an den Stimmlippen der Bonobos liegen, die nur halb so lang sind wie die von gleich alten Schimpansen.

Viele Tierarten haben Mechanismen entwickelt, ihre Stimme tiefer klingen zu lassen, als es ihrer Körpergröße entspricht. Der Vorteil: Tiefe Stimmen werden vom Empfänger mit physischer Überlegenheit und – bei Primaten und Menschen zusätzlich auch mit sozialer Kompetenz – assoziiert. Kommunizieren Erwachsene mit Kindern, dann geschieht das häufig in hoher Tonlage, und sie erscheinen damit kleiner als sie sind.

Grundverschiedene Rufe

Bonobos und Schimpansen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Körpergröße nur marginal voneinander. Dennoch sind die Tonlagen ihrer akustischen Signale grundverschieden. Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben die Distanzrufe der beiden Menschanffenarten miteinander verglichen und herausgefunden, dass die Rufe von Schimpansen durchaus ihrer Körpergröße entsprechen.

Das Lautrepertoire der Bonobos ist hingegen eine ganze Oktave höher angesiedelt. Bei beiden Arten dienen die untersuchten Rufe der Kommunikation über große Distanzen hinweg, sie sind daher dem gleichen Selektionsdruck unterworfen. Welchen evolutionären Vorteil das hat, ist daher unklar. Eine anatomische Erklärung für die Diskrepanz in der Stimmhöhe fanden die Forschenden jedoch bei Untersuchungen der jeweiligen Stimmapparate: Die Stimmlippen von Bonobos sind nur halb so lang wie die von gleich alten Schimpansen.

Jugendliches Verhalten

"Verhaltensstudien deuten darauf hin, dass erwachsene Bonobos Merkmale beibehalten, die für Kinder und Jugendliche typisch sind. Die unterschiedlichen Stimmlagen passen also durchaus ins Bild", sagt Gottfried Hohmann, Hauptautor der nun im Fachjournal "Current Biology" erschienenen Studie. "Jetzt geht es darum herauszufinden, inwieweit sich bereits die Rufe der Affenkinder unterscheiden, wie die Entwicklung des Stimmapparates während der Pubertät verläuft und welcher Selektionsdruck dazu geführt haben könnte, akustische Signale zu erzeugen die den Sender kleiner tönen lassen, als er tatsächlich ist." (red, 4.11.2018)