Bild nicht mehr verfügbar.

Der Wasserpegel im Toten Meer sinkt derzeit unaufhaltsam.

Foto: AP/Amir Cohen

Wenn Tourguide Gundi Schachal ihre Gäste am Toten Meer begrüßt, hat sie kaum Gutes zu berichten über den tiefsten Ort der Welt, 420 Meter unter dem Meeresspiegel – zumindest noch. Denn das Tote Meer, bekannt für seinen hohen Salzgehalt, ist vom Austrocknen bedroht, die ökologischen Folgen des Wassermangels sind seit Jahren deutlich zu spüren: "Früher ging das Wasser an manchen Stellen bis zur Straße", sagt Gundi Schachal, "heute müssen Besucher von unserem Kibbuz aus zwei Kilometer mit einer Bimmelbahn bis zum Strand fahren. Viele Strände mussten geschlossen werden."

Der Kibbuz En Gedi, in dem die deutschstämmige Gundi Schachal seit den 80er-Jahren lebt, hat unter anderem auch einen Campingplatz und Dattelplantagen so groß wie 14 Fußballfelder verloren, weil sich an jenen Stellen entlang des Toten Meeres riesige Senklöcher aufgetan haben: Bis zu 30 Meter tief sind sie und entstehen, wo das Salzwasser verschwindet und Grundwasser die Salzschichten auflöst. Experten gehen von rund 6000 solcher Senklöcher aus.

Denn der Wasserpegel im Toten Meer sinkt weiter – jedes Jahr um rund einen Meter, erklärt die Hydrologin Carmit Isch Schalom vom Dead Sea and Arava Science Center. Ein Grund ist, dass am See Genezareth bereits so viel Wasser abgezweigt wird, dass nicht mehr genügend Frischwasser über den Jordan ins Tote Meer fließt. "Heute sind es nur noch knapp zehn Prozent im Vergleich zu den Wassermengen von vor rund 90 Jahren", sagt Isch Schalom.

Wasserarme Regionen

Das andere Problem liegt im südlichen Becken des Toten Meeres, einem Bereich, der einst nur in besonders regenreichen Zeiten Wasser führte. Heute ist das Becken dauerhaft gefüllt, weil dort zwei ansässige Firmen Wasser vom Toten Meer verdampfen lassen, um Mineralien zu gewinnen, darunter Pottasche als Düngemittel und Magnesium zur Aluminiumherstellung. "Es handelt sich um eine jordanische und eine israelische Firma. Beide zahlen für die Wassernutzung nichts", so Schachal.

Die gesamte Region leidet unter Wassermangel, Jordanien zählt zu den wasserärmsten Ländern der Welt und muss wegen der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak immer mehr Menschen mit Wasser versorgen. Eine Idee, die seit Jahren diskutiert wird, ist eine Entsalzungsanlage, die im jordanischen Akaba gebaut werden und Jordanien und Israel mit Wasser versorgen soll. Das beim Herstellungsprozess übrig bleibende, salzhaltige Solewasser soll zusammen mit Wasser aus dem Roten Meer ins Tote Meer geleitet werden und das Gewässer so retten. Dazu haben die beiden Länder im Jahr 2015 eine bilaterale Vereinbarung unterzeichnet.

Doch noch ist der Plan nicht umgesetzt, im israelischen Ministerium für regionale Entwicklung rechnet man mit mindestens fünf Jahren bis zur Fertigstellung. Und die rund 200 Kilometer lange Pipeline zum Toten Meer ist bei Umweltschützern wie Wissenschaftern umstritten: Durch das Mischen von Silikaten und Karbonaten wird Gips in rauen Mengen entstehen, und es ist nicht klar, wie er sich im Wasser verhalten wird. Auch die Blaualge könnte im Toten Meer gedeihen.

Der Umweltorganisation Eco Peace Middle East schweben andere Ansätze vor: Zum einen sollen die Firmen für ihren Wasserverbrauch zur Kasse gebeten werden. Zum anderen soll eine neue Pipeline Frischwasser in den See Genezareth leiten. In regenreichen Jahren könnte das dazu führen, dass ein Wasserüberschuss über den Jordan ins Tote Meer geleitet wird. Zudem würde durch die gestiegene Wasserproduktion am See Genezareth auch mehr Abwasser entstehen, das gereinigt und mit frischem Wasser ins Tote Meer geleitet werden könnte. (Lissy Kaufmann, 6.11.2018)