Am Mittwoch verkündeten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache den Ausstieg aus dem Migrationspakt. Die UN bedauert diesen Schritt.

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Die Uno-Sonderbeauftragte für internationale Migration, Louise Arbour, findet die Ankündigung Österreichs, sich aus dem Uno-Migrationspakt zurückzuziehen, "extrem bedauerlich". Österreich sei in dem Verhandlungsprozess der vergangenen Monate "sehr aktiv" und "geschickt" gewesen, unterstrich Arbour in einem Telefoninterview in der Nacht auf Donnerstag gegenüber der APA.

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Auszug aus dem Uno-Migrationspakt über die "nationale Souveränität".

Österreich als aktiver Teilnehmer sollte den Text gut kennen und hätte jegliche Bedenken äußern können. Österreich habe im Verhandlungsprozess nicht nur für sich, sondern als EU-Ratsvorsitzland auch für die anderen 27 EU-Staaten gesprochen. Von dem Ausstieg Österreichs habe sie aus den Medien erfahren, erklärte Arbour.

Argument sei "unbegründet"

Dem Argument, dass der Pakt eine Gefahr für die nationale Souveränität darstellen könnte, konnte Arbour nicht viel abgewinnen. Dieses Argument sei "unbegründet". Es stehe im Dokument, dass der Pakt die Souveränität von Nationalstaaten und ihr Recht auf eine selbstständige Gestaltung ihrer Migrationspolitik voll respektiere und keine rechtliche Bindung bestehe. Sorgen um die nationale Souveränität seien "entweder verfehlt oder wurden nicht in gutem Glauben gemacht", sagte die Sonderbeauftragte.

Es sei ein "Rahmen der Kooperation", betonte sie. Eines der Hauptziele sei, unsichere, chaotische und illegale Migration zu reduzieren, wenn nicht zu eliminieren.

Auf die Frage, ob sie fürchte, dass sich noch weitere Länder aus dem Pakt zurückziehen, antwortete Arbour, dass sie darüber nicht spekulieren wolle. Sie hoffe aber, dass alle beteiligten Länder sich weiter engagieren. Eventuelle Bedenken und Vorbehalte könnten entweder bei der Uno-Konferenz in Marrakesch im Dezember oder bei der Uno-Generalversammlung 2019 in New York geäußert werden. Es sei jedenfalls besser, innerhalb als außerhalb des Prozesses zu sein, so Arbour.

Auch Guterres bedauert Rückzug

Uno-Generalsekretär António Guterres sagte am Mittwoch in New York, dass er den Rückzug Österreichs aus dem Uno-Migrationspakt "sehr bedauere". Er fügte jedoch nach Angaben seines Sprechers hinzu, dass ein großer Teil der Zivilgesellschaft sowie die überwältigende Mehrheit der Uno-Mitgliedstaaten den im Laufe der letzten 18 Monate zustande gekommenen Pakt unterstütze. "Wir wollen uns mit ihnen in Marokko austauschen, wo der Pakt am 11. und 12. Dezember formell angenommen werden soll, und wir hoffen und rechnen mit einer weiterhin breiten Unterstützung", sagte der Sprecher.

Expertenkritik

Auch Völkerrechtler äußerten Kritik. Manfred Nowak bezeichnete den Ausstieg Wiens aus dem Uno-Migrationspakt gegenüber der APA als "fatales Signal". "Wir schneiden uns hier ins eigene Fleisch." Energisch bestritt er, dass der Pakt ein Recht auf Migration schaffen werde. Wolfgang Benedek sagte gegenüber der "ZiB 2": "Ich denke, dass sich Österreich damit gegenüber der Staatengemeinschaft isoliert, dass wir uns in eine Außenseiterposition begeben, dass wir dadurch in Zukunft auch weniger gefragt sind bei der internationalen Kooperation. Und das als ein Uno-Sitz-Staat. Das ist wirklich das falsche Signal."

Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz oder die Caritas beklagten ebenfalls den Rückzug aus dem Migrationspakt. Die rechtspopulistische AfD in Deutschland begrüßte dagegen Österreichs Schritt und rief die Berliner Regierung auf, ebenfalls aus dem Pakt auszusteigen.

Kurz lobte Pakt 2017 noch

Die "ZiB 2" erinnerte am Mittwoch daran, dass Kurz als Außenminister bei der Uno-Vollversammlung 2017 den Pakt noch gelobt habe: "Ich begrüße, dass die Vereinten Nationen einen Migrations- und Flüchtlingspakt erarbeiten. Das wird sicherstellen, dass es eine geordnete internationale Herangehensweise an diese Herausforderungen gibt", sagte Kurz damals in einer Rede. (APA, red, 1.11.2018)